Retro Spaceshow im Rokoko Outfit Walküre in Budapest

Xl_51e1a773-b130-45f3-8cea-c0cdef0ec53b © Edina Ligeti

Richard Wagner Die Walküre Ungarische Staatsoper Budapest 16.11.2022

Retro Spaceshow im Rokoko Outfit Walküre in Budapest

In frischem Glanz erstrahlt die neu renovierte ungarische Staatsoper nach einer mehrjährigen ausgiebigen Renovierung. Das Haus wurde zum Stolz der ungarischen Bürger 1884 eröffnet. Ausnahmslos sollten ungarische Materialien und Arbeiter eingesetzt werden. Einzige Restriktion war der Wunsch des Kaiser Franz Joseph I, dass das Haus kleiner als die Oper in Wien sein sollte.

Anlass genug zur Wiedereröffnung auch eine Aufführung des aktuellen Ringzyklus ins Programm aufzunehmen. Diese Neuinszenierung der Tetralogie von Richard Wagner kam pandemiebedingt ins Stocken, sodass die Premiere der Götterdämmerung erst in diesem Jahr zur Aufführung kam. Für die Regie zeichnet sich M Geza Toth verantwortlich. Dies ist er auch für die dominate visuelle Umsetzung mittels durchgängiger Videoinstallationen, die aus ineinanderfliessenden mitunter kubistischen Formationen oder auch pointillistischer Kompositionen besteht. Teilweise überflutet er mit Farben wie zum finalen Feuerzauber, dann wieder überwiegt scharz weißer Punktereigen, der wie Schneefall anmutet oder globusähnliche Deutungen für die göttliche Weltherrschaft andeutet.

Zum Vorspiel wird die Konsumwut videohaft zum Thema gemacht. Siegmund irrt erhaben wie in einer U Bahnststion durch einen Irrgarten von Pfeilen, ohne Anzeichen von eiliger Flucht. In seinem Rucksack hat er auch eine Gitarre, die er auch für ein Ständchen an seine geliebte Schwester Sieglinde  nutzen wird. Diese erscheint vollbepackt mit Einkaufstaschen in kessen Minischürzenkleid. Insgesamt sind die Kostüme und Frisuren von Ibolya Bartosi stimmig und sehr gelungen. So ähneln sich die Frisuren der Geschwister im weißen Rasterlook, schräge ungewohnte Schnitte der Oberkleider passen ebenfalls zusammen. Wotan und Fricka strahlen in blendend weiss mit Rokokofrisuren, die Walküren in weißem Ponyschnitt und farbigen enganliegenden Kleidern mit aerodynamischen Röcken. Laufend werden transparente Leinwände heruntergelassen und so der Bühnenraum verändert. Über mehrere Ebenen erzählt der Regisseur Teile der Handlung also auch textliche Retrospektiven wie Siegmunds Biografie. Walhall wird mit zwei hohen spacigen Drehsesseln angedeutet. Klug und musiktreu reiten die Walküren ein. Ein männliches Tänzerensemble bildet choreografisch gut gelöst ihre Rösser.

Musikalisch hat der Dirigent Balasz Kocsar alles gut im Griff. Sehr aufmerksam unterstützt er das zumeist ungarische Sängerensemble, hält sich in Tempi und Volumen zugunsten der Wortverständlichkeit zurück. Einprägsam nutzt er seine Freiräume. Geschickt steuert er auf Höhepunkte zu, baut harmonisches Überfluten auf und kann auch richtig Fortissimo. Breit spannt er Soli zur Begleitung der Sänger. Es wird gefühlvoll spannend im Graben erzählt.

Sehr kurzfristig konnte für Wotan mit Renatus Meszar ein Ersatz gefunden werden, der mit guter Diktion und vollem Bariton sicher intonierte und mit seinem offenen Spiel die oft gestenlose Statik überwand. Istvan Kovacshazi überzeugt stimmlich als Siegmund mit lyrischem Tenor in weicher nicht zu dunkler Färbung. Sein Ausdruck in Wort und Spiel, seine Textbetonung wirken lieb- und leblos. Dies schmälert seine gute Leistung. Hier erscheint die Sieglinde von Eszter Sümegi ein wahrer Gegenpol mit überzogener stimmlicher Dramatik bis ins Vibrato. Lebendig ist ihr Spiel in verspielten kessen Kostüm. Geza Gabor ist ein stattlicher Hunding mit Sturmfrisur und voller Stimme. Der göttliche Ehezwist wird durch eine souveräne Fricka von Erika Gal zu einem Höhepunkt des Abends. Bestens ausbalanciert, wortdeutlich und immer steigerungsfähig prägt sie eine kämpferische gedemütigte Gattin. Szilvia Ralik meistert die anspruchsvolle Partie der Brünnhilde mühelos und kraftvoll bis zum Ende. Die gewagten Walkürenrufe formt sie vollmundig und sicher ohne Schärfe in allen Lagen. In der Epik fehlt es etwas in der Nuancierung, welche die junge Sängerin sicher entwickeln wird. Sympathisch ehrlich überzeugt ihre Darstellung der liebend trotzenden Tochter.

Viel Beifall und Jubel im gut besuchten Haus mit bester Stimmung.

Dr. Helmut Pitsch

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