Aida einmal anders- packende Tristesse in München

Xl_4ccf9981-82ce-46e7-8456-0ee1e1ef9219 © Winfried Hösl

Giuseppe Verdi Aida Nationaltheater München 28.4.2024

Aida einmal anders packende Tristesse in München

Das Grauen und Leid ist in jede Ritze dieser Inszenierung aus 2023 von Giuseppe Verdis Aida am Nationaltheater in München gedrungen. Damiano Michieletto trifft den Nerv des Kriegsleids, Bilder, wie sie täglich aus der Ukraine kommen, sind in seiner Regie realistisch auf die Bühne gebracht, zum Teil mit großflächigen Videos unterstützt. Der Glanz Ägyptens ist verloschen, die Zeichen des Konflikts mit seinem Nachbarn Äthiopien sind zu spüren. In einem zerbombten Turnsaal sammelt sich die Bevölkerung an der Nahrungsausgabe oder seine heldenhaften Soldaten zu feiern. Ort und Kostüme sind modern westlich, ohne Bezug zum eigenlichen Schauplatz.

Die Aufnahme dieser Inszenierung war zur Premiere unterschiedlich und polarisierte. Die für seine üppigen Darstellungen bekannte Oper mit den beliebten Massenszenen im Triumphmarsch erscheint in einem neuen Licht. Aber es passt alles, ist packendes Regietheater und entspricht dem Libretto. Auch musikalisch geht Marco Armiliato mit Gespür und bester Kenntnis der Partitur auf die Interpretation seines Landsmanns ein. Er ist als Spezialist für Verdi und ausgefeilter Italienita bekannt. Schon in der Ouvertüre ist er farbenreich nuanciert, lässt das Orchester fein toniert aufspielen. Er bleibt sehr romantisch ohne Wuchtigkeit, am Hof herrschen schmale Zeiten. Differenziert begleitet er die Stimmen, fordert sie mitunter mit vollen Orchesterklang heraus. Er gestaltet aus dem Graben die Spannung merkbar mit.

Stimmlich bleiben manche Wünsche offen. Elene Guseva ist in der Titelrolle nicht überzeugend. Ihr Sopran wirkt überdreht mit Schärfe in der Höhe, ihre Gefühle und Verzweiflung kommen nicht zum Ausdruck. Als Amneris ist Raehann Bryce-Davis kurzfristig eingesprungen. Die Amerikanerin zeichnet ein feiner, sehr cantabler Mezzo aus, aber es fehlt ihr Durchschlagskraft und dramatisches Steigerungspotential. Es wirkt monoton, schön ohne Farbe und Emotionen. So vermisst der Besucher die zentrale und prägende Auseinandersetzung der beiden verfeindeten Königstöchter. 

Ihrer beider Liebe gilt dem Feldherrn Radames, den Lokalmatador Jonas Kaufmann stimmlich solide mit gewohnt eindringlichem Spiel sehr gut umsetzt. Sein Tenor wirkt frisch, gewohnt verengt in den Höhen,und lässt seinen Schmelz immer wieder in Legati schimmern. Vitalij Kowaljow als Ramfis erfreut mit seinem kraftvoll strotzenden Bariton als Ramfis. George Petean kann als Amonasro mit seinem gut geführten Bariton und seiner Bühnenpräsenz sowohl seine Tochter als auch das Publikum auf seine Seite bringen. Unvermutet wird er bei der Aufdeckung des Verrats von Ramfis erschossen. Alexandros Stavrakakis ist ein jugendlicher volkstümlicher König mit wohligem vollen Bass.

Großer Beifall im ausverkauften Haus

Dr. Helmut Pitsch

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