Verdis "Nabucco" in Triest: Beeindruckende Chöre in statischen Bildern

Xl_nabucco-triest-1-19-1 © Fabio Parenzan

Nur von kleinen Kerzen beleuchtet, die sie in ihren Händen halten, steht der weißgewandete Chor eng zusammengedrängt zwischen bedrohlichen bunkerartigen Betonwänden weit hinten und singt, langsam nach vorne schreitend: „Va, pensiero…“ („Flieg, Gedanke“). Es ist ein starkes Bild aus Giuseppe Verdis „Nabucco“ am Teatro Verdi in Triest, welches uns Regisseur Andrea Cigni und Bühnenbildner Emanuele Sinisi bei diesem berühmten Chor der hebräischen Gefangenen, der binnen kurzem zur heimlichen Nationalhymne aller italienischen Patrioten gegen die Fremdherrschaft avancierte, zeigen. Der heutige Ohrwurm wurde auch von einer vieltausendköpfigen Menge unter Leitung von Arturo Toscanini 1901 beim Begräbnis des Komponisten gesungen. Allerdings hat man diesen Chorgesang von Sehnsucht nach Freiheit und Frieden schon inniger und berührender gehört. Insgesamt singt der vielbeschäftigte Chor des Hauses, er ist der eigentliche Protagonist der Oper, aber beeindruckend und sehr homogen.

Die anderen Protagonisten sind von unterschiedlicher Qualität:  Giovanni Meoni ist zwar ein sehr bühnenpräsenter Titelheld mit schönem Bariton, der jedoch wenig glaubhaft die geistigen Verwirrungen des Königs über die Rampe bringt. Nicola Ulivieri lässt in der Rolle des Zacharias ein schöntimbriertes Organ vernehmen. Aya Wakizono ist eine etwas blasse aber innig singende Fenena. Eine Enttäuschung, weil man sie viel besser in Erinnerung hat, ist Amarilli Nizza als Abigail. Ihren stimmlichen Zenit mittlerweile weit überschritten, singt sie mit breitem Tremolo und nur mehr wenig fokussierten Sopran. Riccardo Rados verfügt als Ismaele über einen jungen, frisch klingenden Tenor.

Beim Orchester des Teatro Verdi gelingt es dem energiegeladenen Dirigenten Christopher Franklin Verdis draufgängerische, jugendliche Vitalität wie auch einige Spannung im Orchester zu erzeugen, ohne dabei die Sänger zuzudecken. Da wäre aber noch Luft nach oben gewesen, denn manches hätte man sich noch glutvoller und zündender gewünscht.

Außer einigen bildmächtigen Szenen, wie der eingangs erwähnten und dem ersten Auftritt des Titelhelden auf einem gepanzerten Untier aus dem Nebel heraus, herrscht das in Italien so beliebte Steh- und Schreittheater ohne nennenswerte Ideen vor. Erwähnenswert in dieser Koproduktion mit den Opernhäusern von Cremona, Brescia und Pavia sind aber hingegen auf jeden Fall die ausgesprochen geschmackvollen, historisch stilisierten Kostüme von Simona Morresi.

Das Publikum spendet trotzdem viel Applaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

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