"Tosca" in Ostrava: Gute Stimmen in traditionellem Ambiente

Xl_tosca-ostrava-2-21-5 © Martin Popelar

Es hat durchaus seinen Reiz, wenn Opern in traditioneller Ausstattung auch in einer Neuproduktion gezeigt werden: So geschehen bei Giacomo Puccinis „Tosca“ in Ostrava. Erstaunlich ist auch, dass diese Produktion aus Mährisch-Ostrau (so der deutsche Name), der drittgrößten Stadt Tschechiens am Übergang von Nordmähren nach Schlesien ganz im Nordosten des Landes, nur mehr zehn Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, jetzt sogar gestreamt wurde, natürlich wieder ohne Publikum.

Und so sieht im ersten Akt auf der eher kleinen Bühne des Antonín Dvořák Theaters, ein neobarockes Opernhaus aus 1907, das vom Mährisch-Schlesischen Nationaltheater bespielt wird, doch tatsächlich den ästhetischen Innenraum einer historischen Kirche mit vielen Details, wie Altar, Gitter, Bänken und vielen brennenden Kerzen. Und im zweiten Akt den protzigen, antiken Arbeitsraum des römischen Polizeichefs mit schweren Möbeln und Türen im Palazzo Farnese. Sowie im Finalakt die Dachterrasse der römischen Engelsburg mit einem kleinen Modell derselben im Hintergrund sowie Projektionen schwebender Bühnenbilder der ersten beiden Akte (Bühne: Daniel Dvořák)

Auch sonst wird der Opernthriller ganz hart am Libretto von Regisseur zugleich auch Intendant des Hauses Jiří Nekvasil gezeigt. Manchmal vielleicht etwas zu statisch erzeugt seine buchstabengetreue Personenführung trotzdem immer wieder starke, emotionale und packende Momente, sodass die naturalistische und gut ausgeleuchtete Szene mit den ebenfalls historischen, geschmackvollen Kostümen (Marta Roszkopfová) nicht verstaubt wirkt.

„E lucevan le stelle“: Und die Sterne blitzen auch bei den durchwegs guten Sängern, nicht nur bei der gleichnamigen Arie, mit der Cavaradossi auf der Plattform der Engelsburg auf seine Hinrichtung wartend unter Tränen von der Welt und seiner Geliebten hinreißend Abschied nimmt und an der kein Tenor vorbeikommt: Strahlend, mühelos, kraftvoll, und vielleicht mit etwas enger Höhe bei den Spitzentönen singt Martin Šrejma den Maler.

Petra Alvarez Šimková singt die Titelheldin nicht mehr mit ganz jungem, aber intensiv und schön geführtem, farben- und gefühlsreichem Sopran. Daniel Čapkovič ist ein böser, ja dämonischer Scarpia mit kernigem Timbre. Er singt den Polizeichef sehr kraftvoll aber meist etwas zu eindimensional im Forte. Unmittelbar nach seinem Tod schwebt eine rote Wolke nach oben. Von den kleineren Rollen sind noch positiv zu erwähnen: David Nykl als Cesare Angelotti sowie Martin Gurbal als Mesner. Kraftvoll hört man auch den Chor des Hauses (Einstudierung: Jurij Galatenko), der aus dem Zuschauerraum, von der Galerie singt.

Manchmal vielleicht etwas leise zugespielt, wodurch die Sänger immer gut hörbar sind, leitet der Musikdirektor Marek Šedivý packend das Orchester des Hauses. Wenn es drauf ankommt, weiß er mit nötigem Zupack spannende Ausbrüche aber auch klangschön und zart gefühlvolle Momente zu erzeugen.

Zum Schluss werden tosender Applaus und laute Bravi-Rufe eingespielt.

Dr. Helmut Christian Mayer

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