In Graz blitzten bei Puccinis „Tosca“ tatsächlich die Sterne

Xl_tosca-graz-kaufmann-opolais-shanahan-8-21-3 © Helmut Christian Mayer

„E lucevan le stelle“: Die Sterne in Giacomo Puccinis „Tosca“ blitzten tatsächlich nicht nur stimmlich sondern auch als Projektionen auf die Decke des Zuschauerraums, als Cavaradossi auf seine Hinrichtung wartend unter Tränen von der Welt und seiner Geliebten hinreißend Abschied nahm. Aber nicht nur bei der gleichnamigen Arie, an der kein Tenor vorbeikommt und die wegen des tosenden Applauses wiederholt wurde, begeisterte Jonas Kaufmann als Cavaradossi mit ganz großer Klasse: Mit seinen wunderbaren Pianissimi aus dem Nichts, mit samtigem Timbre, Emotionsreichtum, aber auch strahlend, kraftvoll, und um keinen Spitzenton verlegen. Auch die extremen Spitzentöne „Vittoria, vittoria!“, Freuden Rufe über den Sieg Napoleons bei der Schlacht von Marengo, schmettert er kraftvoll und mühelos hinaus.

Nach Beethovens „Fidelio“ im Vorjahr wurde die überdachte Freiluftbühne der Kasematten auf dem Grazer Schlossberg, ein ehemaliges Gefängnis aus dem 18. Jahrhundert, das zur Bühne umgebaut wurde, auch heuer wieder von den „Grazer Spielstätten“ als Aufführungsort genutzt, diesmal mit Puccinis Opernthriller mit Starbesetzung: Neben Kaufmann begeisterten auch Kristine Opolais als Titelheldin mit großer Durchschlagskraft und Dramatik, ihre Paradearie „Vissi d’arte“ geriet ihr vortrefflich und innig. Als Scarpia für den erkrankten Bryn Terfel sprang der US-Amerikaner Jordan Shanahan ein. Er wird bei der Eröffnungspremiere der neuen Saison an der Grazer Oper den Don Carlo di Vargas in Verdis „La forza del destino“ singen.  Obwohl von kleiner Statur beeindruckte er mit starker Präsenz, Mimik und Stimmgewalt, kurz gesagt: ein bitterböser, römischer Polizeichef zum Fürchten.

Die kleineren Parten wurde mit Ensemblemitgliedern des Grazer Opernhaus gut besetzt: Markus Butter (Mesner und Sciarone), Daeho Kim (Angelotti) und Martin Fournier (Spoletta). Der Chor der Grazer Oper und der Kinderchor sangen tadellos. Unter Marcus Merkel musizierten die Grazer Philharmoniker beeindruckend und es wurde sehr rücksichtsvoll begleitet. Manchmal hätte man sich allerdings etwas mehr Biss gewünscht.

Obwohl nur konzertant angekündigt und obwohl vor dem Orchester nur ein schmaler Streifen zur szenischen Entfaltung vorhanden war, wurde hier der Opernthriller sehr eindringlich und spielfreudig dargestellt. Leidenschaft, Koketterie und Eifersucht aber auch Spannung kamen voll zur Geltung!

Stehende Ovationen!

Dr. Helmut Christian Mayer

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