"Il barbiere di Siviglia" im Stream der Wiener Staatsoper: Ein musikalisch, spritziges Feuerwerk

Xl_barbier-wien-5-20-1 © Michael Pöhn

Nicht nur, dass er sich bei seiner Kavatine perfekt und sogar mit einigen Einlagen auf der Gitarre selbst begleiten konnte, war er natürlich in erster Linie sängerisch in Höchstform: Juan Diego Floréz in Gioachino Rossinis „Il Barbiere di Siviglia“ an der Wiener Staatsoper, in einer Aufführung vom 21. Mai 2019, die jetzt über Stream zu erleben war. Und er sang den Conte d‘Almaviva ungemein flexibel, perfekt bei den diffizilsten Koloraturen, sicher bis in die höchsten Höhen, innigst ergreifend bei den Lyrismen, dass es eine Freude war. Und er hatte, auch zum Gaudium des Publikums, sichtbaren Spaß beim Herumblödeln, das von hoher komödiantischer Güte war. Ja, Juan Diego Floréz ist nach wie vor eine Klasse für sich und gilt nach wie vor nicht zu Unrecht als der König des Belcanto.

Aber auch sonst wies das gesamte Sängerensemble beinahe kaum eine Schwachstelle auf, und so wurde der Abend außergewöhnlich. „Una voce poco fa“: Schon mit ihrer ersten Kavatine vermochte auch Margarita Gritskova als Rosina ein wahres Feuerwerk an perfekten Koloraturen zu zünden. Ihr dunkel gefärbter Mezzo zeigte wunderbarer Flexibilität und tiefen Ausdruck. Paolo Rumetz gab einen stimmgewaltigen und witzigen Bartolo. Mit profundem Bass und enormer Präsenz vernahm man Sorin Coliban als Basilio. Und der junge österreichische Bariton Rafael Fingerlos war auch vom Typ her ein idealer Figaro: Buffonesk, mit dem nötigen Augenzwinkern, stimmlich in Topform. Zwar muss er in diese Rolle noch etwas hineinwachsen, was sich bei seiner berühmten Auftrittsarie manifestierte.

Abgesehen von kleineren Koordinationsproblemen zwischen Bühne und dem Orchester der Wiener Staatsoper hat Evelino Pidó eine leichte und flotte Lesart der genialen Partitur, teils mit mörderisch schnellen Tempi, und immer mit großer Spritzigkeit.

Die Inszenierung von Günther Rennert aus 1966 ist zwar uralt, gilt aber für das Haus als unverzichtbar, mit seinen traditionell historisch ästhetischen Kostümen und Kulissen, einem mehrstöckigen Haus mit vielen sich immer öffnenden und schließenden, detailreich eingerichteten Zimmerchen. Da wurde rasant, spritzig, und amüsant von allen Protagonisten mit auffallend großer Spielfreude agiert.

Großer Jubel, beim Publikum, der vor allem bei Floréz auch während der Aufführung, nach seinen Arie,n nicht enden wollte.

Dr. Helmut Christian Mayer

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