Tiroler Festspiele Giacomo Puccini La Boheme

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Tirol ist im Winter nicht nur Schnee und Schifahren sondern auch Kultur. Über die Weihnachtsferien wird die kleine Gemeinde Erl zum Tiroler Kulturmittelpunkt. Die Tiroler Festspiele finden vom 27.12. bis 7.1. im imposanten modernem Festspielhaus statt. Gehört der Sommer den Werken Richard Wagners wird im Winter Belcanto geboten. Der Leiter der Tiroler Festspiele Gustav Kuhn tritt prägend als Dirigent und Regisseur auf. So auch in der diesjährigen Neuinszenierung von Giacomo Puccinis La Bohème.

Das Werk über die vier jungen Künstler, deren Leben, Lieben und Treiben in Armut, zählt zu den Meisterwerken des Verismo und des Komponisten. Wirkungsvoll spielt der erste Akt im winterlichen Paris, sodass es natürlich gut in die Weihnachtszeit passt. Wie ein festgefrorener Iglu wirkt das erste Bühnenbild von Hans Peter Felzmann, die ärmliche Dachmansarde, über eine Wendeltreppe ist man gleich ohne Tür auf der Strasse.

Matteo Desole und Nicola Ziccardi eröffnen als Rudolfo und Marcello. Sofort wird der Zuschauer von den beiden frischen jungen Stimmen erfreulich geweckt. Matteo Desoles Tenor sitzt weich und hell mit einem vollem lyrischen Timbre. Er intoniert sauber, erreicht die Spitzentöne ohne grösseren Druck und kann sie auch in vollen Zügen ausdehnen und auskosten. Unglücklich ist zu Beginn die akustische Deckelung durch den Bühnenraum und ab und an das mächtig aufspielende Festspielorchester unter Maestro Kuhn. Nicola Ziccardi setzt dem einen satten vollen Bariton entgegen, der auch seine Wirkung nicht verfehlt. Daniele Antonangeli in schlanker grosser Statur schlüpft als Colline in seinen Mantel und nimmt von diesem ergreifend in seiner berühmten Arie Abschied. James Roser gelingt einen ordentlicher Schaunard, der spielerisch sehr präsent ist. Ein Hingucker ist Lada Lyssy als erschöpft eintretende Mimi, die schnell für Rudolfo entflammt. Wirkt die Stimme zu Beginn metallen steigert sie sich und der dritte und vierte Akt zeigt die helle Färbung ihres lyrischen Sopran, die Modulationsfähigkeit und die Leichtigkeit in der Höhe und auch im Lagenwechsel. Ihre Sterbeszene lässt auch spielerische Qualitäten sehen. Bianca Tognocchi ist eine flotte Mussetta, die jeder männliche Zuschauer gerne in seine Nähe lassen würde. Von Karin Waltenberger in sexy Korsetts oder Roben gesteckt wirkt sie als femme fatale, während ihre Stimme viel lyrische Ausdruckskraft bringt und einen anderen Kern erkennen lässt.

Gustav Kuhn unter seinem Pseudonym Furore di Montegral hat die Gesamtproduktion, Regie und das Licht verantwortlich übernommen. Wiederum hat er die in Erl üblichen lokalen Bezüge eingebaut und wir befinden uns im dritten Akt am deutsch österreichischen Schlagbaum 12 km von Erl entfernt, die Milchbäuerinnen treten in Dirndln auf, der Wilde Kaiser thront mächtig über der Szene. In modernem Design finden wir uns im Cafe Momus wieder, Biao Li passt als Parpignol in seinem Kostüm und der Ausrüstung nicht wirklich dorthin. Die Chorakademie und auch der Kinderchor der Tiroler Festspiele sind gut vorbereitet und spielen tatkräftig mit. Gross ist das Orchester der Tiroler Festspiele im Orchestergraben besetzt und die aufgebaute epische Klangfülle erinnert an den sommerlichen Hausgott Wagner. Aber Gustav Kuhn versteht es die Stimmungen im Orchester aufzubauen. Diszipliniert setzt er die Pianissimi, transparent begleitet er die Sänger aber aufgewühlt und mächtig bauen sich die Instrumentalstellen auf.
Das bleibt nicht ohne emotionale Wirkung und passt. Ein gelungener Opernabend und das Festspielpublikum hat noch die Melodien und letzten Akkorde hörbar im Kopf, wenn es in die Winterlandschaft hinaustritt.

Helmut Pitsch

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