Magie der Bilder- Robert Wilson inszeniert Turandot in Paris

Xl_0cd2bbf8-3035-4a60-a9a5-0b6c59215678 © Agathe Poupenry OnP

Giacomo Puccini Turandot Opera Bastille Paris 17.11.2023

Magie der Bilder - Robert Wilson inszeniert Turandot in Paris

Seine Regiearbeiten sind Kult, seine abstrakte sperrige Personenregie ist einprägsam. Der amerikanische Performancekünstler Robert Wilson hat wie kein anderer seinen eigenen unvergleichbaren Stil für die Bühne, Kostüme sowie Lichtregie gefunden. 2022 schuf er eine Neuinszenierung von Turandot von Giacomo Puccini für die Opera Bastille in Paris. Das unvollendete Werk des italienischen Meisters des Verismo zählt zu den beliebtesten Opern und wird besonders für seine Massenszenen und Exotik gerne in klassischen Grossevents gezeigt. Wilson reduziert das Werk auf grossflächige mit kräftiger Hintergrundfarbe gestaltete Bilder. In aufwendigen historischen Kostümen erscheint der Chor und die Statisten zumeist im Dunkeln oder mäßig beleuchtet im Hintergrund. Wenige Schrittbewegungen begleiten die Auftritte. Die handelnden Personen erscheinen statistisch wie in einer konzertanten Aufführung nahe der Bühnenrampe. Prächtig sind die Kostüme, Turandot in markanten symbolträchtigen tiefroten langem zylindrisch ausladenden Kleid. Hier geht Gefahr aus. Ihr Vater, der Kaiser Altoum thront an wenigen Seilen von der Decke heruntergelassen bewegungslos über dem Geschehen. Kalaf in hellem mit Glitzersteinen besetzten eher indischen Outfit führt die gewohnten monotonen zackigen Bewegungen und Schritte typisch für Wilson aus. Munter werden die Szenen mit den drei Hofangestellten Ping, Pang und Pong, die in schwarzen modernen Anzügen, weissen Gesichtern und Handschuhen wie Conferenciers aus Cabaret anmuten. Ebenso reichhaltig sind ihre humorvollen, ebenso kabaretthaften Bewegungen und Sprünge.

Grosse Stimmungen erzeugt die Lichtregie, die monochrom die Bühne ausleuchtet. Sie wechselt zwischen grell hell bis mystisch dunkel, dazwischen immer kräftig Rot mit einer figurativen Kugel in der Mitte. In der Prägnanz und Klarheit der Bilder, die bestens mit der Partitur abgestimmt sind, entwickelt sich eine magische Spannung und zieht den Betrachter in seinen Bann.

Dazu zaubert Marco Armilliato, ein ausgesprochener Meister im italienischen Fach, wunderbare volle Klänge und lässt das Orchester seine instrumentale Pracht aufspielen. Die Anlehnung an die chinesischen Einflüsse arbeitet er betont heraus, bleibt rhythmisch leicht und findet für die intimen Stellen auch eine transparente nahezu kammermusikalische Prägung.

Das Sängerensemble ist erstklassig ausgesucht. Irene Theorin ist eine reife satt klingende Prinzessin, die durchaus mystisch erscheint. Geschickt vermeidet sie schrille Spitzentöne und findet im Laufe des Abends zu einer sehr stimmigen Interpretation. Carlo Busi ist ihr gütiger Vater, der nervenstark ohne jede Bewegung über der Bühne schwebt und dabei Altoum eine hoheitsvollen Ausdruck verleiht. Mit einer gefühlvollen und romantisch kräftigen stimmlichen Darstellungen ist Brian Jagde ein eindrucksvoller Kalaf. Seine große Arie Nessun dormo gelingt ihm bestens und erlangt viel Szenenapplaus. Mika Kares besingt als Timur berührend den Verlust der geliebten Liu und wirkt trotz körperlicher Präsenz und mächtiger Stimme sehr zerbrechlich.

In ihrer zarten Erscheinung verkörpert Ermonela Jaho eine mitreißende Liu, die sich anmutig aus dem Hintergrund in die Herzen der Anwesenden singt. Ihr Arie über die Liebe erreicht eine emotionsgeladene Überzeugung. Florent Mbia, Maciej Kwasnikowski und Nicholas Jones bringen als Ping, Pang und Pong, wie vom Regisseur gewünscht, einen gelungenen entspannten Gegenpol zum seelenlosen starren Hofleben. Mit spürbarer Freude vollbringen sie ihre Spässchen im Bühnengeschehen, zeigen clowneske und auch akrobatische Schrittfolgen. Dazu bieten sängerisch eine passende sehr solude Leistung.

Das Publikum drückt seine Begeisterung mit Bravi und langandauerdem Beifall aus.

Dr. Helmut Pitsch

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