Eugen Onegin am Gärtnerplatz erfreut vor dem drohenden Lockdown

Xl_1601986529_x_l10a8265eugenoneginhp1copychristianpogozach © Christian Pogo Zach

Peter I Tschaikowski Eugen Onegin Gärtnerplatztheater München 23.11.2021

Eugen Onegin am Gärtnerplatz erfreut vor dem drohenden Lockdown

Wieder gelten Beschränkungen für das Kulturleben.Strenge Hygiene - und Abstandsregeln wurden kurzfristig ausgerufen und schocken Kulturbetriebe und Publikum. Wieder kämpft Kunst und Kultur um seinen Platz im Gesellschaftsleben. Die Auslastung wird auf 25% reduziert und der Zugang ist nur mit 2G+ (geimpft/genesen plus aktuellem Test) möglich. Leere Sitzreihen werden die Folge sein. Spielpläne werden angepasst, tausende Kartenkäufe rückabgewickelt. In Österreich ist bereits alles geschlossen, ähnliches ist auch in Deutschland zu befürchten.

Kurz noch einmal Theaterluft, vollbesetzte Häuser zu spüren, so zieht es den begeisterten Opernfreund jetzt ins geliebte Theater. Noch einmal die prickelnde Atmosphäre, das Mitfühlen, Mitfiebern mit den Helden auf der Bühne zu erleben und vom Rausch des vollen Orchesterklangs betrunken zu sein, bevor die Geisterstimmung Einzug hält und Streamingdienste das kulturelle Bedürfnis der Gesellschaft zu stillen versuchen.

Rasch und zuvorkommend wird am Einlass des Gärtnerplatztheaters Impfzeugnis, Identität und Eintrittskarte geprüft und mit Maske betritt der Zuschauer das unlängst renovierte renommierte Gärtnerplatztheater. Erfreulich viel junges Publikum streift durch die Gänge. Diszipliniert auf Abstand bedacht erreicht er seinen Platz. Fest pochten die Kulturbetriebe auf Ihre Vorsichtsmaßnahmen und die bisher geringe Ansteckungsgefahr, die von den Theatern ausgeht. Aber am nächsten Tag stehen nun neue Einschränkungen an.  

Tief ist der Blick auf die Veranda des Landsitzes der Larin. Große hölzerne Türläden an der rechten Seite schützen vor der Sonne, die durch die Schlitze dringt. Geschickt entführt Ben Baur Regisseur und Bühnenbildner dieser Inszenierung von Peter I Tschaikowskis Eugen Onegin am Gärtnerplatztheater in München den Zuschauer aufs russische Land. Mit Vorhängen, die von der linken Seite auf die Bühne gezogen werden, reduziert er den Handlungsort und erreicht so die gewollte Intimität. Da sitzen Larina mit den Töchtern Olga und Tatjana beim Tee, Tatjana schreibt in ihrem Schlafzimmer den unsäglichen Brief an Eugen Onegin oder in der Schlussszene im Palais des Fürsten Gremlin entsagt Tatjana der nun entflammten Liebe Onegins und ihre Wege trennen sich. Elegant und streng sind die Kostüme von Uta Meenen, in der Entstehungszeit des Werkes verhaftet. Das Duell spielt am Friedhof, die Leiche der Amme wird zuvor im Holzsarg beweint und bestattet. Die Personenregie ist überlegt und stimmig fließend. Kleine Details versprühen Frische und Anmut.

Viel russische Seele steckt in der melodienreichen Tonsprache Tschaikowskis. Folkloristische Motive ergänzen die große symphonische Untermalung der Handlung. Anthony Bramall arbeitet am Pult die Themen heraus, lässt sie markant repititiv erklingen. Das Orchester umfasst sie mit romantischer Fülle und gewollter Schwere. Es darf auch forte im Legato sein Hier steckt Melancholie und Leid verborgen, Kampf und Rührung.

Die Sänger und Sängerinnen können zumeist aus dem Ensemble des Gärtnerplatztheaters besetzt werden und wirken bestens zusammen, ein Qualitätsmerkmal des Hauses. Maria Celeng präsentiert eine gereifte junge Dame, die zwischen ihrer strengen Erziehung und dem neuen Gefühl entflammender Liebe zerrissen wirkt. Ihre Stimme gewinnt an Dramatik, welche nicht immer zur zurückhaltenden edlen Tatjana passt. Emma Sventellus stellt ihre Schwester Olga als sehr lebendig impulsiv dar mit frisch erklingender Stimme. Matija Meic verkörpert einen starren, groben ländlich wirkenden Eugen Onegin. Stimmlich ist der kroatische Bariton kräftig und weiß seine Arien in Szene zu setzen. Alexandros Tsillogiannis ist ein lyrischer Tenor, der impulsiv mit Flexibilität in der Stimme die Rolle des jungen heißblütigen Lenski auskleidet. Sava Vemic beeindruckt mit mächtiger Bassstimme in schlanker großer Gestalt als würdiger Fürst Gremin. Seine Arie wird eine bewegende Liebesbekundung an seine Frau.

 

Viel Begeisterung am Ende

Dr. Helmut Pitsch

Photo Christian POGO Zach

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