Drei Regiekonzepte wachsen zu einem spannenden Opernabend in Stuttgart zusammen

Xl_080423walk_re_stuttgart © Martin Sigmund

Richard Wagner Die Walküre Staatsoper Stuttgart 6.4.2023

Drei Regiekonzepte wachsen zu einem spannenden Opernabend in Stuttgart zusammen

Wieder einmal schaffen es wenig originell die Ratten auf die Bühne. Diesmal stehen sie für die Wälsen, eigentlich ein Wolfsgeschlecht, oder da hätten angesichts der Jahreszeit auch Hasen gepasst. Als origineller fällt da die Idee des Regieteams Hotel Modern ins Gewicht, den Handlungsort in eine Miniaturwelt auf der Bühne mit Kamera und Landschaftsmodellen zu kreieren. Da rennen die Ratten durch zerbombte Städte an zerstörten Panzern zur Ouverture vorbei. Alles projeziert auf eine Leinwand, die sich in Hundings ebenso zerbombten Hauswand öffnet. Mit dem Lenz zieht nach einer Winterlandschaft der Frühling ein. Eine müde Baumattrappe steht in der Bühnenmitte, genauso starr wie die Protagonisten, das Gescheisterpaar und Hunding. Notung wird am Seil vom Schnürboden gezogen. Auch wenn im Hintergrund sich das Regieteam fleißig mit den gebastelten Modellen und der Kamera bemüht, wirkliche Dramatik schaffen sie nicht. Da versöhnt auch nicht das Rattenbaby Siegfried in Notungs Griff. So kurz gefasst das Schauspiel im ersten Akt von Richard Wagners Walküre, welche als außerordentliche Idee der Intendanz in jedem Akt von einem anderen Regisseur gestaltet wird.

Klassisch dunkel mit viel Nebel und gefühlvoller Lichteffekte geht es unter der Regie von Urs Schönebaum weiter. Bestens ausgearbeitet ist die Personenführung. Wahrlich Zwietracht erlebt der Zuschauer im Streit von Fricka mit Wotan, der im Anschluss zu berühren vermag. Ein paar Konstruktionen aus Holz bilden einen beweglichen Wald, auf einem Podest in schwarzem langen Lederkleid erscheint Brünnhilde für die Todesverkündigung. Nochmals geballte Dramatik am Ende, Wotan sticht rasend auf Siegmund ein, sein geliebter Held.

Und wieder taucht der Zuschauer im dritten Akt in eine neue, diesmal bunte Welt im Stile eines David Hockney ein. Ulla von Brandenburg gestaltet die Bühne in verschiedenen Bahnen unterschiedlich in kräftigen Farben, ebenso die langen Kostüme der Walküren und Wotans. Sofort entwickelt sich eine positive Grundstimmung, die selbst der wütende Zorn des Gottes nicht wirklich durchbricht. Herzzerreissend der Abschied von seiner geliebten Tochter die am Ende in einem goldenen Feuerring entschwebt.

Viele Stimmungsbilder auf der Bühne aber mehr noch entwickelt sich im Orchestergraben eine romantische Klangwelt. GMD Cornelius Meister lässt das Orchester kräftig aufspielen aber nie an Wucht zu übertreiben. Es entsteht ein Bad der Gefühle ohne zu schmerzen. D

Dazu liefern alle Sänger eine nahezu perfekte Leistung. Bis auf die höchsten Töne ihrer anspruchsvollen Rufe gelingt Okka von der Damerau eine unglaublich gesanglich klare und ausdrucksstarke Brünnhilde. Im Spiel bleibt sie hölzern. Thomas J. Mayer ist ein kraftvoller sehr menschlicher Wotan. Elegant schlüpft er in die unterschiedlichen Bilder der Regisseure und verkörpert mit seiner nicht zu vollen aber markanten Stimme charaktervoll seine Rolle. Christopher Ventris und Simone Schneider verkörpern das Wälsungengeschwisterpaar trotz starrer dünner Personenregie mit viel Emotion. Seine Stimme zeigt Ansätze der Alterung, im Timbre noch fein unterlegt. Sie zeigt Dramatik und Kraft, die sie nuanciert einsetzen kann. David Steffens setzt daneben einen eleganten streitbaren Hunding. Der Auftritt von Annika Schlicht als Fricka wird zu einem Höhepunkt des Abends. Mit viel Gespür gestaltet sie die verletzte Ehefrau, die um ihre Ehre aber vielmehr um ihre Macht kämpft. Ihre Stimme kann scharf kontern, weich verführen und mutig fordern. Dazu setzt sie ihr schauspielerisches Talent ein.

Ebenso ist eine gelungene sehr anmutende Gesamtleistung der Walküren zu erwähnen.

Ein Opernerlebnis bester Güte wird vom Publikum frenetisch gefeiert.

Dr. Helmut Pitsch

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