Belcanto mit Strahlkraft - Lucia Wiederaufnahme in Wien

Xl_lucia_di_lammermoor_d5a6395_oropesa © Wiener Staatsoper Michael Pöhn

Gaetano Donizetti Lucia di Lammermoor Wiener Staatsoper 16.4.2022

Belcanto mit Strahlkraft Lucia WA in Wien

Lange Schlangen für die begehrten Stehplätze, ein ausverkauftes vollbesetztes Opernhaus, der Klassikbetrieb setzt positive Zeichen. Rechtzeitig vor Ostern fallen auch weitere Corona Beschränkungen in Österreich.Mit einer exquisiten Besetzung lädt die Wiener Staatsoper sein Publikum und zahlreiche Touristen zu einem Besuch der Wiedersufnahme von Gaetano Donizettis Lucia di Lammermoor ein.

Die Inszenierung und Kostüme von Laurent Pelly ruft keine Aufregung hervor. Unwirtlich kühl und winterlich mutet die schottische Landschaft mit Schneehaufen an. Transparente mit Stoff bezogene Gerüste deuten den Landsitz der Lammermoor an, optisch durch Duane Schuler ausgeleuchtet. Zumeist wird im Vordergrund der Bühne agiert und gesungen. So steht die Musik und insbesondere der Gesang im Mittelpunkt, und von dem kann der Besucher an diesem Abend nicht genug bekommen.

Benjamin Bernheim triumphiert als treuer mutiger Liebhaber, dessen Familie viel Unheil von der Sippe der Lammermoors widerfahren ist. Gerade auf Lucia fällt seine Liebe, die aus der verfeindeten Familie stammt. Eine Tragödie im Stile Romeo und Julias, die Donizetti zu einem Meisterwerk des Belcanto gegossen und mit großen Arien ausgefüllt hat. Neben den Duetten mit Lucia und ihrem hartherzigen egoistischen Bruder Enrico ist es der letzte Akt, der ganz dem Tenor gehört. Bernheim lässt seine Stimme aufblühen, gestaltet Legati farbenreich, öffnet sich im Volumen zu hausfüllenden strahlenden Tönen mit Leichtigkeit und ohne Druck. Sicher, hell und klar trifft er die Spitzentöne, intoniert mit bester Technik und kostet lange Melodiebögen aus. Groß und gutaussehend im langen Mantel wühlt er das Herz Lucias und manch anderes auf.

Die bunge Amerikanerin Lisette Oropesa singt nun nach London und Madrid die Titelrolle in Wien. Anmutig apart erklingen ihre Koloraturen, Mit viel Gefühl gestaltet sie die zentrale Wahnsinnszene und wirkt entseelt eentrückt. Ohne Schärfe erklingen zumeist sicher die Spitzentöne, am Ende ihrer Arie aber verläßt sie das Zutrauen und sinkt in die tiefe Lage ab. 

George Petean dringt als dunkle egoistische Gestalt mit seinem charmanten Bariton durch. Spannend und mit viel Ausdruck setzt er sich mit seiner vollmundigen und wohltimbrierten Stimme in Szene. Ihm stellt sich Roberto Tagliavini als Raimondo mit kräftigen Basstönen entgegen und versteht in tiefen Lagen gekonnt Melodiebögen auszukleiden und führt seine Stimme sicher in allen Lagen. Josh Lovell ist ein eleganter Arturo mit hellen sicheren Tönen. 

Evelino Pido gestaltet am Pult des Staatsopernorchesters einen feinen Klangteppich mit viel Italianita. Präsent und aufmerksam führt der die Musiker und setzt in der Unteremalung der Stimme wohltuend seine Akzente. Den bestens einstudierten Chor leitet er mit Geschick und Gespür. Das Dirigat entwickelt Spannung ohne Unterbrechung.

Das Publikum spendet lange begeisterten Applaus und bittet die Sänger immer wieder vor den Vorhang. 

Dr. Helmut Pitsch  

 

 

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