Arena Nabucco Neu - Zuviel des Guten

Xl_9b41ace6-36e5-45c4-8366-4a0c3994e4bc © Fondazione Arena di Verona

Giuseppe Verdi Nabucco Arena di Verona 31.7.2025

Arena Nabucco Neu - Zuviel des Guten

Die Festspiele in der Arena von Verona stehen für bildgewaltige Spektakel mit zahlreichen Menschen und früher auch Tieren auf der Bühne. Der antike massive Prachtbau war schon vor 2000 Jahren Schauplatz spektakulärer Veranstaltungen und moderner technischer Effekte. In dieser Tradition gestaltet Stefano Poda seine Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Frühwerk , der Oper Nabucco, Sinnbild der italienischen Unabhängigkeitsbewegung. Poda zeichnet sich verantwortlich für Regie, Bühne, Kostüme, Licht und Choreografie- also alles aus einem Guss. Die Bühne ist von einer weißen Treppe dominiert, die die großen Steinstufen der Arena zu einer weißen Metallkonstrukton in Form einer überdimensionalen Sanduhr führt, als Symbol der heidnischen Gottheit der Babylonier. Wiederum zwei große drehbare Metallkonstruktion seitlich schmücken den Stufenabsatz. Alle Aufbauten können unterschiedlich leuchten. Effektvoll zündet er lautstark eine riesige feuerspeiende Rauchwolke zu Nabuccos Blasphemie und lässt das Götzenbild ser Babylon auseinanderfallen. Im Schlussbild führt er die beiden seitlichen Skulpturen zu einem hell leuchtenden Ball als Symbol des „lieto fine“ des guten Endes zusammen. Beweglich quadratische Elemente werden ab und an zu Zellen für die geknechteten Judäer zusammengebaut.

Beeindruckend ist die stattliche Anzahl von Statisten und Chormitgliedern die ständig in wechselnden aufwendigen Kostümen auf und abmarschieren und so vom musikalischen Spannungsbogen ablenken und den Handlungsablsuf verwirren. Zur Ouvertüre treten Statisten in silber glänzenden Raumschiffuniformen mit Helmen auf und setzen eine Rakete oder Bombe zusammen. Die Choreografie lässt sie Tanzschritte wie eine Fechtstunde im Trockenmodus machen. In der folgenden Massenszene treten Gruppierungen in dunklen Mänteln und Bodysuits als Babylonier auf, die Judäer in braunen zerschlissenen Umhängen, darunter mit dunklen langen Gewändern. Fenena trägt eine graue futuristische Uniform mit Leggings und geflochtener Kurzhaarfrisur. Ismaele ein ähnlich geschnittenes Kostüm in dunkelrot. Die Auftritte der Babylonier sind geprägt von Kampfszenen und Fechtübungen mit leuchtenden Helmen oder besonders prägnat mit langen Mänteln und Kopfbedeckungen mit eingenähten Leuchtbändern. Abigaille schwingt als Cyberdomina heftig die Peitsche umgeben von ihren weiblichen Adlaten. Als Krönung wird das üppige Geschehen auf der Bühne von Laserstrahlen begleitet, die sich im nächtlichen Firmament in einem Punkt vereinigen.

So ist für das Auge viel ermüdende Reizüberflutung geboten, die es erschwert den Sängern zu folgen sofern sie im Gewirr erkennbar sind. Das Ensemble ist handverlesen von internationaler Spitzenqualität. In der Titelrolle Luca Salsi, der mit seinem kräftigen Bariton samten timbriert beste stimmliche Voraussetzungen für die große Arena mitbringt. Er versteht es auch die an sich intimen hier sich verlierenden Momente gefühlvoll zu gestalten. Seine dem Wahnsinn geschuldete Arie führt er mit weichen schön ausgesungenen Melodiebögen, als wieder erstarkter König gibt er durchdringend die Befehle. Ihm gegenüber begeistert Anna Netrebko als rachesüchtige machtbesessene Tochter, die ihre unehrliche Abstammung erkennend den Thron ergreifen will. Mit ihrer dunklen sehr beweglichen und nuanciert schattierender Stimme füllt sie ihre Rolle und Arena bestens aus. Schauspielerisch scheint ihr das Regiebild der Abigaille als selstbewusste kriegerische Tochter mit langen Stiefeln, hohen Absätzen und silbern leuchtenden Brustpanzer zu gefallen. Francesco Meli gibt einen edlen romantischen Ismaele. Sicher singt er seine Partie, sein Tenor öffnet sich klar und weich in der Höhe, in der Mittellage führt er ein breites Legato ins lyrische tendierend. Ihre Schwester Fenena bleibt bei Anna Werle farblos im Auftritt. Zu wenig dringt ihr strahlender Mezzosopran durch. Mächtig ansprechend gestaltet Christian Van Horn Zaccaria, den charismatischen Führer der Judäer. Sein tiefsitzender Bassbariton schwingt ruhig in den Arien, auch darstellerisch gefällt der großgewachsene US Amerikaner. Als geistlicher Führer der Babylonier Il gran sacerdote ist auch Gabriele Sagona würdig und überzeugend.

Am Pult hält Pinchas Steinberg die musikalische Führung fest und umsichtig in der Hand. Er führt das Orchester der Fondazione Arena di Verona lebendig, baut romantische Begleitung zu den Arien auf und unterfüttert die Massenszenen mit satten Streicherklang und Bläsersalven. Den berühmten Gefangenenchor lässt er leise und zart, vielleicht zu zart für die Erwartung des Publikums das nur dünnen Szenenapplaus hier liefert. Der große Chor der Fondazione Arena di Verona leistet wiederum einen prägenden Beitrag zum Erfolg der Aufführung.

Großer Jubel am Ende und viel Freude bei allen, dass der Wettergott sich diesmal sehr gnädig gezeigt hat und einen lauen Sommerabend beisteuert.

Dr. Helmut Pitsch

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