Leopold Museum Wien Hagenbund, von der gemäßigten zur radikalen Moderne

Xl_202022hagenbund © Leopold Museum

Leopold Museum Wien Hagenbund, von der gemäßigten zur radikalen Moderne

Das Leopold Museum, Wien zeigt zur Zeit eine informative wie aufschlussreiche Ausstellung, die der Künstlervereinigung Hagenbund gewidmet ist. Dieser 1900 gegründete Mitgliederverein umfasste ebenso wie die zeitgleich entstandene Wiener Secession Künstlerpersönlichkeiten, die dem führenden Künstlerhaus abtrünnig wurden.

Obwohl länger bestehend, liberaler und von der Mitgliederzahl größer als die konkurrierende Secession geriet der erst 1938 aufgelöste Hagenbund in seiner Bedeutung in Vergessenheit. Zu Unrecht, wie jeder nach dem Besuch dieser sehr gut kuratierten Ausstellung klar urteilen wird.

Benannt nach Josef Hagen, dem Eigentümer des als Treffpunkt beliebten Cafe in der Gumpendorferstraße, entwickelt sich der von Joseph Urban gegründete Verein rasch. Ein eigenes Ausstellungsgebäude erhielten sie in der Zedlitzhalle im ersten Bezirk, ein Gebäude, das er sich mit einer Markthalle teilte (1960 wurde diese abgerissen). Die alljährlichen zwei Ausstellungen wuchsen zu bedeutenden künstlerischen Ereignissen, zu denen auch Nichtmitglieder wie Egon Schiele, Oskar Kokoschka oder Pablo Picasso eingeladen wurden. 

In den 40 Jahren des Bestehens kann die Ausstellung die Entwicklung der Moderne mit Werken von Mitgliedern eindrucksvoll beschreiben. Zu Beginn gemäßigt schöngeistig, vom Französischen Einfluss des farbigen Impressionismus geprägt führt in der Folgezeit der Stil zum düsteren mystischen Expressionismus, weiter zu Kubismus und der Aufgabe der Form, die Rückbesinnung auf die menschliche Psyche folgt. Der sozialkritische Realismus dominiert nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Viele jüdische Mitglieder müssen fliehen und die liberale Weltsicht des Bundes führte zur Auflösung des Hagenbund durch die Nationalsozialisten. Ein Versuch der Wiederbelebung nach dem zweiten Weltkrieg scheiterte. Leider wurde auch das Archiv 1943 von den Nationalsozialisten zerstört, sodaß wenig vom Vereinsleben dokumentiert blieb.

Auch Frauen konnten als außerordentliche Mitglieder am Vereinsleben und Austausch teilhaben. Neben Malern waren auch zwei Bildhauer im Verbund tätig.

Die mit Bedacht ausgewählten Kunstwerke, zum Teil aus dem Bestand des Museums sowie zahlreiche Leihgaben, geben einen lebendigen repräsentativen Querschnitt der unterschiedlichen künstlerischen Tendenzen und Bewegungen in Wien als auch international.

Die Ausstellung ist bis 6.2.2023 angesetzt

Dr. Helmut Pitsch

 

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