"Written on Skin" endlich in der Philharmonie Berlin

Xl_2018_11_2018_mco_george_benjamin_photo_by_adam_janisch_12._november_2018__112_von_153_ © Zenaida des Aubris

In nur sechs Jahren hat sich die 2012 uraufgeführte Oper von Sir George Benjamin als ein moderner Klassiker etabliert. Woran das wohl liegen mag? Sicherlich in erster Linie an der Musik – die Palette des Komponisten ist reich an weitgehend harmonischen Texturen und Timbres, mit kontrastierenden dramatischen Disonanzen die die mittelalterliche Geschichte vorantreiben. Sicherlich gehört auch die ungewöhnliche aber passende Instrumentierung dazu – Bassviola da Gamba, Mandolinen und Glasharmonika. Das Resultat ist ein Werk, welches den Zühörer stark emotionell involviert. 

Written on Skin übersetzt sich direkt als „Auf der Haut geschrieben“. Gemeint sind die illuminierten Handschriften die im Mittelalter auf Pergament erstellt worden sind. So ein Buch wird von einem machthaberischen Landbesitzer, der sich als Beschützer ausgibt, einem jungen Illustrator in Auftrag gegeben, um sich verewigen zu lassen. Der Beschützer unterdrückt seine junge analphabetische Frau Agnès und ist zudem eifersüchtig auf jeden, der sie anblickt. Agnès ist von der Buchkunst und dem jungen Künstler fasziniert. Es kommt wie es kommen muss – die beiden finden zueinander, der Ehemann vermutet die Affäre, tötet den jungen Mann und lässt sein Herz seiner Frau zum Abendmahl servieren. Sie begeht Selbstmord.

Die Aufführung auf der jetztigen Tournee ist halb-szenisch von Benjamin Davis konzipiert.  Einige wenige Gesten und Schritte genügen, um der Geschichte “Körper” zu geben, um einen Innen- und Aussenraum anzudeuten. Dem Zuhörer wird weitgehend überlassen, sich alles selber auszumalen und das erlaubt eine höhere Konzentration auf die Musik und dem Libretto von Martin Crimp. Das dieses – auf Englisch gesungen – auch verständlich ist, dafür sorgen die exzellenten Solisten, allen voran Countertenor Bejun Mehta mit klarem, schmeichelnden Timbre als Künstler, Georgia Jarman mit einem strahlenden und unschuldigen Sopran als die junge Frau und Bassbariton Evan Hughes, der als Prototyp des “Bad Guy” als ihr Ehemann seinen dunklen Tönen Härte aber auch Verzweiflung abringt. Mezzo Victoria Simmonds und Tenor Robert Murray sind in den Nebenrollen sehr präsent.

Der Abend war Claudio Abbado gewidment, dessen 5. Todestag sich heuer jährt und der ja der Gründer des Mahler Chamber Orchesters war. Dazu kommt auch noch, dass Sir George in dieser Spielzeit bei den Berliner Philharmoniker Composer in Residence ist.  Mit diesem Werk kommen alle Komponenten zusammen und bestätigen, dass Musik der Gegenwart durchaus einen hohen Stellenwert haben können und müssen.

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