
„Wiener Blut“ ist eine Operette, die 1899, erst vier Monate nach dem Tod von Johann Strauss, uraufgeführt wurde. Adolf Müller junior hat posthum aus dem unerschöpflichen Schatz des Wiener Walzerkönigs, Instrumentalstücke mit Texten und einer amüsanten Verwechslungsgeschichte zur Zeit des Wiener Kongresses unterlegt. Herausgekommen ist ein unterhaltsames, spritziges Werk der leichten Muse ohne besonderen Tiefgang, dessen einziges Ziel die Unterhaltung ist und das beim Publikum äußert beliebt ist und geschätzt wird. Genauso sieht dies auch Nikolaus Habjan, der jetzt das Stück, das im Jubiläumsjahr von Strauss im Schönbrunner Schlosstheater gezeigt wird, inszeniert hat. Wenn man den Grazer Nikolaus Habjan engagiert, weiß man, was man bekommt, nämlich Puppen. Aber diesmal ist es nur eine einzige, von ihm selbst gespielte Klappmaulpuppe. Sie stellt einen Grafen dar, der nur fallweise, meist in der Loge auftritt und ein Fest gibt. Ansonsten ist seine Inszenierung klassisch, von ihm mit einigen textlichen Aktualisierungen adaptiert und mit charmantem Schwung und viel Schmäh in Szene gesetzt. Klar und verständlich wird die zur originalen Zeit spielende Geschichte des Frauenhelden Balduin Graf von Zedlau, der zwischen seiner Gattin, seiner Freundin, der Tänzerin Franziska Cagliari und seinem „Fastverhältnis“, der Probiermamsell Pepi hin und her gerissen wird, erzählt. Für weitere Verwirrung und Komik sorgen dabei noch sein Kammerdiener Josef und der Vorgesetzte des Grafen, der Premierminister des ostthüringischen Zwergstaates Reuß-Greiz-Schleiz. Witz, Spaß und Unterhaltung werden großgeschrieben und erzeugen gute Laune, wobei das Publikum zum Lachen und Schmunzeln animiert, wobei man Einiges davon doch noch witziger in Erinnerung hat. Dabei werden alle Figuren in teils etwas überzogenen Kostümen (Denise Heschl) amüsant, sorgfältig und liebevoll auch teils durchs Auditorium geführt. Sehr geschmackvoll ist auch das Bühnenbild von Heike Vollmer mit einem Salon und einer Wendeltreppe im ersten Teil und einem großen, schrägen Spiegel im zweiten, wodurch sich allerlei Effekt ergeben.
Und das Ensemble kann sich so richtig in Szene setzen: Nikola Hillebrand ist eine darstellerisch und stimmlich perfekte Gräfin Zedlau mit großer Bühnenpräsenz. Gleichmäßig und wohltönend in allen Lagen erklingt ihr Sopran. Anett Fritsch ist eine resolute Demoiselle Cagliari, Sophie Mitterhuber eine quirlig-witzige Pepi. David Kerber ist ein höhensicherer, charmanter Graf Zedlau. Alexander Strömer als Minister könnte noch mehr den „Piefke“ herauslassen. Er spielt besser als er singt. Franz Xaver Zach ist ein urwienerischer Kagler, Boris Eder ein frischer und sehr präsenter Kammerdiener Josef.
Steffi Wiesers Choreographie wirkt schmissig, der Wiener Kammerchor (Einstudierung: Michael Grohotolsky) singt homogen und spielt köstlich.
Abgesehen, dass es dem Wiener KammerOrchester unter der Kärntnerin Hannah Eisendle manchmal etwas an Leichtigkeit fehlt, wird unter ihrer Stabführung in bester Wiener Operettentradition schwungvoll und schmissig musiziert.
Großer Jubel im Publikum!
Dr. Helmut Christian Mayer
12. August 2025 | Drucken
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