Wien: Puccinis "Il trittico" gefällt hauptsächich musikalisch

Xl_trittico_-_gianni_schicchi-wien-10-23 © Michael Pöhn

„Es ist schwer, glücklich zu sein“: Nicht immer als Ganzes, meist Fragmentarisch oft nur mit einem Wort, ist die auf der Bühne prangende Neon-Leuchtschrift zu erkennen. Wieviel braucht der Mensch, um glücklich zu sein? Das ist die essentielle Aussage von Il trittico“ von Giacomo Puccini, der Neuproduktion an der Wiener Staatsoper, wo das Triptychon zuletzt vor etwa 40 Jahren zu sehen war. Ja, das Werk, das 1918 an der New Yorker Met ohne Beisein des Komponisten uraufgeführt hat wieder Saison nach Salzburg und Berlin jetzt also in Wien.

Tatjana Gürbaca hat dieses Konglomerat aus Eifersuchtsdrama, Klostertragödie und Erbschleicherkomödie mit ihrem Team solide und klar erzählt in Szene gesetzt. Und alles zeigt die deutsche Regisseurin und Ruth Berghaus Schülerin solide in der Holzkistenbühne von Henric Ahr und lässt bei „Il tabarro“, hinten mit langsamen Schritten ständig Personen wie bei einer Prozession vorbeiziehen, deren Sinn sich nicht ganz erschließt.  Ansonsten ist hauptsächlich Rampensingen angesagt, wobei das hochdramatische Dreiecksdrama weitaus mehr hergäbe. Alles bleibt seltsam blass.

Für packende Dramatik und das entsprechend Spektakel sorgen in allen drei Fällen die Sänger: Wie der mit vokalen Totaleinsatz singende und spielende Michael Volle als betrogener und zum Mörder werdende Michele, der sich hier die selbst auch zum Finale noch die Kehle durchschneidet wie auch die wunderbar singende Anja Kampe als seine Frau Giorgetta. Solide singt Joshua Guerrero als sein Nebenbuhler den Luigi.

Bei „Suor Angelica“ ist es Eleonora Buratto, die wegen eines Fehtritts von der adeligen Familie ins Kloster verbannt wurde, wo sie auch Selbstmord begeht. Sie singt die Titelfigur mit weiter Ausdruckspalette und lyrischer Schönheit. Grandiose ist auch Michaela Schuster als erbarmungslose „Tante Fürstin“. Sie wird auch im letzten Teil als aufgeregte Zita köstlich agieren. Hier verzichtet die Regisseurin auf die finale religiös verkitschte Verklärung von Angelica und kommt mit der Zusatzidee, dass ihr vermeintlich toter Sohn doch noch lebt, mit dem die Tante nochmals zum Schluss erscheint. Hier muss Angelica erkennen, dass sie getäuscht aus dem Leben scheidet, denn das Gift beginnt schon zu wirken.

Und letztlich lässt Gürbaca den „Gianni Schicchi“ schon knapp vor Ende der Pause beginnen. Denn während das Publikum noch zu den Plätzen schlendert, nimmt der bedauernswerte Buoso Donato sein letztes Abendmahl. Er futtert Spaghetti, trinkt Rotwein und schluckt einige Pillen, Doch das war es dann schon, denn plötzlich fällt er röchelnd in den noch halbvollen Nudelteller und verstirbt.  Jetzt kann die Oper beginnen. Jetzt ist ein ziemliches Durcheinander angesagt. Beim letzten Teil  erlebt man etwas Karneval und Mussolini Faschismus, wohin Gürbaca das Stück verlegt hat. Hier ist Gürbaca in Bestform und natürlich Ambrogio Maestri, der in einer seiner Paraderollen auch diesmal wieder mit seiner ungehörigen Bühnenpräsenz und virtuoser Situationskomik aber auch vokalen Dominanz mit seinem wunderbar schönen Bariton gefallen kann. Daneben wären noch das junge Liebespaar mit Serena Saenz als Lauretta mit feinem, leichtem Sopran, vor allem mit ihre Paradearie „Il mio babbino caro“ sowie Bogdan Volkov als edel timbrierter Rinuccio zu erwähnen.

Kompliment auch an die kleineren bestens besetzten Nebenrollen. Da zeigt sich einmal mehr, über was für ein großes und exzellentes Ensemble die Staatsoper verfügt.

Kompliment auch an den leider scheidenden Musikdirektor Philippe Jordan am Pult, der beim Orchester der Wiener Staatsoper einen ungemein feinfühligen und aufgefächerten Puccini mit zartschmelzenden Tönen aber auch veristischer Schärfe erzeugt. Er spitzt aber auch die Kontraste zu.

Jubel für die musikalische Seite und heftige Buhs für das Regieteam.

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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