Wagners „Der fliegende Holländer“ in Graz: Über allem thront der Komponist

Xl_holl_nder-graz-4-22-1 © Werner Kmetitsch

Schwarz und leergeräumt ist die Bühne. Keine Spur oder Andeutung eines Schiffs (Bühne: Mechthild Feuerstein). Nur zweimal sind schmale gemalte Hänger zu sehen, der Münchner Erstaufführung aus 1864 nachempfunden, etwa im Haus vom Daland mit dem Bild des Titelhelden und im Schlussbild. Im Hintergrund steht ein Mann auf einer Brücke: Es ist Richard Wagner. Er ist omnipräsent und dirigiert von dort das Geschehen des „Fliegenden Holländers“ am Grazer Opernhaus. Und falls notwendig, klettert er auf die Bühne herunter und greift ein. So bewegen sich die Figuren teils marionettenhaft unter seinen Anweisungen. Zum Schluss entgleitet ihm jedoch die Kontrolle, alles wird ziemlich konfus und Senta verweigert sogar den Opfertod und läuft über den Zuschauerraum davon. Wagner hüllt sich schließlich verzückt in Sentas Brautschleier. Insgesamt ein ziemlich beliebiger Ansatz, keine großartig neue, weil schon öfters erlebte Idee von Sandra Leupold, die hier am Haus erstmalig Regie führt. Die Truppe um den Holländer alle dem oben angeführten Bild nachempfunden, sind in historisch stilisierten Kostümen und weißen langen Haaren (Kostüme: Jochen Hochfeld) zu sehen und bewegen sich meist nur in Zeitlupe. Ein mystisch gelungener Moment ist der Auftritt des Holländers im Haus von Daland, mit dem abrupten Öffnen einer Türe im Hintergrund und grellem Gegenlicht. Aber insgesamt ergibt diese Inszenierung kein geschlossenes Ganzes.

Und wie so oft überzeugt in erster Linie die musikalische Umsetzung: Kyle Albertson als Titelheld verströmt große Bühnenpräsenz, ist textverständlich und immer kraftvoll in allen Lagen, nur selten etwas eindimensional. Helena Juntunen als Senta ist spielfreudig, sie muss sogar einmal beim Singen einen Rundlauf absolvieren. Es fehlt ihr jedoch an Volumen und Wortdeutlichkeit. Mit fassettenreichen, schönen Tönen erlebt man Wilfried Zelinka als Daland. Exquisit ist der Erik des Maximilian Schmitt. Phänomenal gut hört man den jungen Mario Lerchenberger als Steuermann mit heller Höhe, der sich damit schon für viele weitere Rollen und Häuser anbietet. Mareike Jankowski ist eine solide Mary. Stimmgewaltig und homogen hört man den Chor und Extrachor des Opernhauses Graz (Einstudierung: Bernhard Schneider).

Roland Kluttig hat mit dem Grazer Philharmonischer sorgfältig gearbeitet. Er weiß Lyrismen am Pult auszukosten und expressive Spannungen auszureizen. Dabei bleibt er immer sängerfreundlich.

Kein Widerspruch, nur Jubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

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