Verheißungsvolles "Rheingold" im Stream der Wiener Staatsoper

Xl_das_rheingold_29141__002_ © Wiener Staatsoper Michael Pöhn

Aus dem Nichts heraus ertönt er, der berühmte Urton, dieser einzigartige Es-Dur Urzustand, der großartige Beginn der Tetralogie, bevor dann der Rhein mehr und mehr zu fließen beginnt. Aber nicht nur der Beginn von Richard Wagners „Das Rheingold“, das jetzt in einer Aufführung der Wiener Staatsoper vom 10. Jänner 2016 gestreamt wurde, ist verheißungsvoll: Denn ungemein kammermusikalisch transparent, mit subtilen Piani, differenziert aber auch gewaltigen, spannungsvollen Steigerungen und Eruptionen wie auch reich an Klangfarben sowie immer sängerfreundlich kann man den Vorabend des „Ring des Nibelungen“ im Orchester der Wiener Staatsoper unter Adam Fischer erleben. Nur manchmal kann der ungarische Dirigent die Spannung nicht durchhalten.

Mit langen, feuerroten Haaren flitzt er flink von Stein zu Stein oder lungert zu Füßen der Götter herum, immer listig, manchmal schmierig, manchmal unterwürfig, manchmal zeigt er dem obersten Gott nicht nur mit Worten sondern sogar Gesten auch ganz klar, was zu tun wäre: Norbert Ernst ist in der Rolle des Loge großartig. Er führt sie mit Geschmeidigkeit und Spielfreude aber auch in allen gewünschten, auch höchsten Tönen aus. Wie kaum in einer anderen Inszenierung betont Sven-Eric Bechtolf in seiner Regie aus 2009 die Drahtzieherrolle des Feuergottes. Aber da gibt es einen ebenbürtigen Gegenspieler: Jochen Schmeckenbecher ist ein geiler, machtgieriger und durch und durch böser und zudem stimmgewaltiger Alberich von unheimlicher Bühnenpräsenz und ebensolcher Stimme vor allem in der packenden Fluchszene. Aber auch sonst weiß der deutsche Regisseur alle Figuren detailreich und logisch immer am Text und an der Musik zu führen, wenngleich man im szenischen Bereich sich etwas mehr Phantasie, etwas mehr Deutung und weniger Nüchternheit gewünscht hätte. Denn extrem nüchtern und minimalistisch ist die Bühne mit den wallenden Tüchern in den Tiefen des Rheins zu Beginn und den blockartigen Steinen bei den Göttern, wie auch Walhall nur als unscharfer Regenbogen angedeutet wird.

An Tomasz Konieczny Wotan scheiden sich immer wieder die Geister. Er verfügt zwar über eine enorme „göttliche“ Präsenz und über ein angenehmeres Material in der der Tiefe, die Höhe wirkt etwas gequetscht. Auch färbt er die Vokale immer wieder stark dunkel ein. Michaela Schuster ist eine feine Fricka, schönstimmig erlebt man Boaz Daniel als Donner, blass und nicht immer ganz intonationssicher ist der Froh des Jason Bridges. Caroline Wenborne ist eine wunderbare Freia. Die Riesen Ain Anger und Sorin Coliban sind bedrohlich und stimmgewaltig, Herwig Pecoraro gibt einen gequälten, idealen Mime. Es überzeugen auch die makellos singenden Rheintöchter mit Andrea Caroll, Rachel Frenkel und Zoryana Kushpler. Anna Larsson singt die Erda mit toller Präsenz aber auch ziemlich vibratoreichen Stimme.

Am Ende spendet das Publikum viel Applaus und jubelt gewaltig!

Dr. Helmut Christian Mayer

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