Verdis "Macbeth" am Teatro La Fenice in Venedig: Hochemotionale Hitze

Xl_macbeth-venedig-11-18-2 © Michele Crosera

„Fantastico!" -  Der lautstarke Ruf eines begeisterten Zuhörers nach dem zweiten Akt, worauf, wie auch am Ende der Oper ein Riesenjubel ausbrach, brachte es auf den Punkt: Die Eröffnungsproduktion der diesjährigen Saison von Giuseppe Verdis „Macbeth“ im prachtvollen Teatro la Fenice in Venedig ist einfach grandios und zwar in allen Bereichen.

Allen voran seien Dirigent Myung-Whun Chung und das Orchester des Teatro la Fenice erwähnt: Vom ersten Ton an wird mit nie nachlassender emotionaler Hitze eine Hochspannung mit vielen packenden, dramatischen Ausbrüchen erzeugt. Und immer ist höchste Differenzierungskunst mit feinsten Piani und auch mit den gewünschten dunklen, fahlen und vielen anderen Farben angesagt, und eine unglaubliche perfekte Exaktheit auch mit dem stimmgewaltigen und spielfreudigen Chor (Einstudierung: Claudio Morino Moretti): Zudem werden die Sänger durch eine ausgeklügelte Balance nie zugedeckt.

Und diese begeistern ebenfalls: Luca Salsi ist ein dämonischer aber auch hin- und hergerissener Macbeth zum Fürchten mit einer Riesenstimme, der aber auch zu feineren Tönen fähig ist und nur manchmal etwas zu derb wirkt. Noch mehr fürchten muss man sich allerdings vor Vittoria Yeo als Lady Macbeth. Sie brilliert auch darstellerisch als Drahtzieherin, die ihrem Mann auch die Krone selbst aufsetzt, mit exzessiver Dramatik, ungefährdeten Spitzentönen aber auch Sinnlichkeit, vor allem in der Nachtwandlerszene. Stefan Secco gibt den Macduff mit reichen Farben und Höhen. Edel hört man den Bass von Simon Lim als Banquo, der leider viel zu früh ermordet wird. Exzellent erlebt man auch die kleinen Rollen insbesondere mit Marcello Nardis als schönstimmigen Malcolm und Elisabetta Martorana als Kammerfrau. 

Völlig mit einer Plastikplane bedeckt, schälen sich die gesichtslosen, weißhaarigen Hexen diese zerreißend furchterregend heraus. Und Plastikplanen dominieren zwischen kalten, seitlichen Eisengestellen, die auch leuchten können, die ansonsten leergeräumte Bühne (Paolo Fantin): Sie hängen von oben herab, dienen als Zwischenvorhang mit Schattenrissen, als Waffe und dazu, dass zahlreiche Leichen verpackt und abtransportiert werden. Offenbar will Damiano Michieletto, der sich schon international einen großen Ruf zugelegt hat und auch viel in Österreich inszeniert hat (am Theater an der Wien Mozarts "Ideomeneo", bei den Salzburger Festspielen Puccinis "La Bohéme" und Rossinis "La cenerentola"), damit symbolhaft und umweltkritisch die Gefährlichkeit dieses Stoffes darstellen. In seiner hochintelligenten Inszenierung in heutigen eleganten Kostümen, wie Smokings und Abendroben (Kostüme: Carla Teti) erlebt man eine ausgefeilte Personenführung mit vielen Symbolen (auch Farbsymbolik) und Anspielungen.

Helmut  Christian Mayer

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