Verdis "Il trovatore" am Linzer Landestheater: Gefangen im Käfig der Gefühle und des Krieges

Xl_trovatore-linz-1-20-1 © Reinhard Winkler

Zuerst waagrecht, dann zunehmend bedrohlich schräg schwebt der große, längliche Gitterkäfig über der Bühne. Wie Tiere sind darin Manrico und seine Mutter Azucena gefangen. Dahinter sieht man dunkle, hohe, eckige Säulen. Wasser rinnt im Hintergrund an den Mauern herunter, darunter liegen in schwarze Plastiksäcke verpackte Leichen: Es ist ein schauriges Schlussbild, dass Gregor Horres gemeinsam mit seinem Ausstatter Jan Bammes bei Giuseppe Verdis „Il trovatoream Landestheater Linz da eingefallen ist. Die verschiebbaren, die Szene dominierenden, teils blutroten Säulen schaffen immer wieder neue Räume und dienen auch als Projektionsflächen. Hier lodern, vielleicht doch etwas zu oft, auch immer wieder die Flammen. Horres konzentriert sich in erster Linie auf den militärischen Aspekt des Bürgerkriegs in Aragonien. Dabei wird jedoch in diesem überwiegend dunklen Szenario, einem zeitlosen Ambientein dieser kruden, schauerlichen Geschichte von Kindesraub und Brudermord, Liebe, Eifersucht und Rache vom deutschen Regisseur, er ist Leiter des hiesigen Opernstudios, zu wenig auf die inneren Emotionen Bedacht genommen. Alles wirkt eher unbestimmt und wird noch dazu mit einigen Ungereimtheiten vorgeführt, die nicht unbedingt erhellend sind: So schreiten überflüssigerweise fast ständig ein weißer und schwarzer Engel auf der Szenerie herum. Die Soldaten alle in heutigen Tarnanzügen, teils mit lächerlichen Six-Pack-Shirts ausgestattet, sind von den Gegnern nur durch die Farbe der Gesichtsmasken unterscheidbar. Manrico erscheint im Kloster bei der Befreiung der Leonore lächerlicherweise mit einem Sprengstoffgürtel. Luna erschießt zum Finale gleich selbst Manrico und Azucena.

Verdi wollte die Figur der Azucena, die hier in Linz als heutige Obdachlose mit einem Einkaufswagen, worin sie  alle ihre Habseligkeiten mitschleppt, gezeigt wird, ursprünglich in den Mittelpunkt stellen und die Oper nach ihr benennen: Katherine Lerner wird dieser Funktion voll gerecht und füllt sie nicht nur mit ihrer Riesenstimme, sondern auch mit großer Bühnenpräsenz und glühender, gestalterischer Kraft aus. Mit glockenreiner, klarer Höhe weiß Izabella Matula eine innige Leonore zu singen. Sung-Kyu Park ist ein Manrico mit schönem Timbre und viel Kraft, der sich im Laufe des Abends steigern kann. Federico Longhi gibt einen recht robusten, teils zu derben Grafen Luna.Dominik Nekel als Ferrando komplettiert mit seinem schönem, bronzenen Bass das insgesamt sehr gute Ensemble.Auch die kleineren Rollen gefallen überwiegend. Der Chor und Extrachor des Landestheaters Linz (Einstudierung: Elena Pierini und Martin Zeller) singen prägnant und meist konform mit dem höhergefahrenen Graben.

Aus diesem tönen beim Brucknerorchester Linz feinsinnige aber auch mitreißende Klänge, die sich im zweiten Teil noch feurig steigern. Auch die der Tempowahl und die Balance ist vom Dirigenten Enrico Calesso, er ist derzeit Generalmusikdirektor von Würzburg, klanglich delikat abgestimmt.

Großer Jubel im begeisterten Publikum, nur zwei Buhrufe für die Regie!

Dr. Helmut Christian Mayer

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