Verdis "Die Räuber" an der Wiener Volksoper - Gemütliches Räuberleben

Xl_r_uber-wien-12-17 © Barbara Pállfy

Gemütliches Räuberleben

Der Beginn ist verheißungsvoll: Wenn zur Ouvertüre von Giuseppe Verdis Frühwerk „Die Räuber“ der Solocellist in Kostüm und Maske in einem kleinen Zimmer auf der Bühne die herrlichen und expressiven Kantilenen warm und sehnsuchtvoll zum Besten gibt und dabei von drei Kindern umringt wird. Es sind Karl, Franz und Amalia, die dann auf die Vorderbühne treten. Der Vorhang fällt. Als er sich dann gleich wieder öffnet, stehen die drei als Erwachsene da und die tragische Geschichte nimmt ihren Lauf.

Allein, Alexander Schulin weiß bei seiner Inszenierung an der Wiener Volksoper diese anfängliche, interessante Idee nicht weiterzuentwickeln. Denn was rund um den hässlichen, drehbaren, dunkelgrauen Kubus, in dem ein winziges Zimmerchen mit einer Liege und einigen Türen integriert ist, und einen angedeuteten Wald mit herunterhängenden Neonröhren (Bühnenbild: Bettina Meyer) passiert, ist althergebrachtes Stehtheater ohne besondere Einfälle. Und so wird in recht schönen, historischen Kostümen (Bettina Walter), die wie zu Schillers Lebzeiten aussehen, in abgestandenen, antiken, pathetisch überzeichneten Operngesten hauptsächlich gerungen und herumgestanden. Eine spezielle Personenführung außer bei den Auftritten und Abgängen ist nicht auszumachen. Schulin hat mehr „arrangiert“ denn „inszeniert“, geschweige denn eine Neudeutung erdacht. Auch den Liebesmomenten fehlt wegen körperlicher Distanz die Emotionalität.

Diese selten gespielten Frühoper Verdis „Il masnadieri“ basiert auf Friedrich Schillers Drama „Die Räuber“, das auf Grund seiner überspannten „Sturm und Drang - Psychologie“ keine leichte Kost ist. Daraus wurde durch ein verknapptes Libretto durch Verdi eine echte „Räuberpistole“ gemacht. Gewählt wurde die deutsche, etwas pathetische und teils sogar banale Fassung von Hans Hartleb, denn deutschsprachige Aufführungen haben hier am Haus immer wieder Tradition. Was nicht unumstritten ist, denn in eine andere Sprache übersetzte Libretti wirken immer holprig im Musikduktus und erweisen sich öfters als Stolpersteine. Die deutschsprachige Erstaufführung von „Die Räuber“ fand im Übrigen 1963 auch an der Wiener Volksoper statt.

Gesungen wird recht gut und sehr wortdeutlich. So ist Anja-Nina Bahrmann eine blühende, von den zwei Brüdern heiß begehrte Amalia, die die Melancholie der Partie und die diffizilsten Koloraturen mit ihrem sehr beweglichen Sopran sauberst bewältigt. Vincent Schirrmacher singt den „guten“ Sohn Karl Moor, der allerdings wegen der ihm angetanen Ungerechtigkeiten zum Räuberhauptmann mutiert, mit angenehm timbrierten, lyrischen Tenor, der auch immer wieder schneidige, metallische Anklänge ins Spinto-Fach erkennen lässt. Auch seine innere Zerrissenheit kommt immer wieder gut zum Ausdruck. Boaz Daniel ist die böse „Kanaille“ Franz mit warmem, voluminösen Bariton aber auch vielen dämonischen Zügen. Andreas Mitschke ist Maximilian, Vater beider Söhne, der diese Rolle mit wunderbarem Bass ausfüllt. Durchschlagskräftig und meist im Einklang mit dem Graben hört man den Chor des Hauses (Einstudierung: Holger Kristen).

Jac van Steen am Pult des Orchesters der Wiener Volksoper liebt so manche martialische Knalligkeit, die auch zuweilen recht laut gerät: Er setzt auf dramatische wie auch lyrische Konturen und ist ein aufmerksamer Begleiter der Sänger.

Viel Applaus!

Helmut Christian Mayer

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