Uraufführung von „Das Liebeskonzil und die Wolke“, einer Kammeroper von Dieter Kaufmann als himmlische und digitale Tragödie in Klagenfurt

Xl_liebeskonzil_und_die_wolke-kaufmann-ke-3-22-3 © Klagenfurter Ensemble

„…zuerst die Kardinäle, dann die Erzbischöfe, dann die Bischöfe und dann zu dem übrigen Menschenpack“: Der Teufel hat das letzte Wort und er bringt als Strafe die „Lustseuche“ Syphilis unter die Menschen. Sogar der Himmel wusste sich nicht anders zu helfen, als das Böse um Hilfe zu rufen, weil die Menschen im 15. Jahrhundert so sündigten. Oskar Panizza schrieb diese radikal antikatholische Satire 1895 und wurde deshalb wegen Blasphemie verurteilt. Seine damals vor Gericht gehaltene Verteidigungsrede, wo es vor allem um die Freiheit der Kunst geht, wurde vom sehr pointierten Sprecher und ke-Intendant Gerhard Lehner immer wieder zwischendurch teilweise zitiert. Diese Satire wurde jetzt unter dem Titel „Das Liebeskonzil und die Wolke“ beim Klagenfurter Ensemble (ke) in der „theaterHALLE 11“ in Klagenfurt als musikalische Uraufführung einer Kammeroper neu erzählt und visualisiert. Die neue, reduzierte, etwas gleichförmige und spröde, meist choralartige Tonsprache schuf der bekannte Kärntner Komponist Dieter Kaufmann. Meist a-cappella, meist rein und textverständlich wurde sie vom Vokalensemble „Hortus Musicus“ gesungen. Die diffizilen Intervallsprünge und höchsten Höhen bewältigten Christa Mäurer (als Maria Magdalena mit höhensicherem Sopran), Waltraud Russegger (als vielbeschäftigte und mit dunklem Timbre singende Maria), Günter Mattitsch (als etwas nasal singender und nicht immer intonationssicherer Gottvater), Michael Nowak (als feiner Christus) und Dietmar Pickl (als profunder Teufel) gut. Wenig im Einsatz aber gekonnt untermalend spielten die nur zwei vorgesehenen Musiker Maurizio De Luca am Akkordeon und Igor Gross am Schlagwerk. Gewollt unabhängig von der Musik agierten aber auch recht gleichförmig und wenig ideenreich Anna Possarnig und Maria Shurkhal als Tänzerinnen in skurrilen Kostümen, die sich ihrer Kostüme Stück für Stück entledigten und ihre Körperlichkeit selbst Stück für Stück in die Wolke hochladen konnten.

Denn der Videokünstler Ulrich Kaufmann, Sohn des Komponisten, schuf eine multimediale Theaterrauminstallation. Die heutige Bedrohung der Menschheit sieht er im bedenkenlosen Füttern der digitalen Cloud und in der Reduktion der Körperlichkeit. Auf durchsichtigen, sich wie Wolken bewegenden Leinwänden wurden kaleidoskopartige, immer dichter werdende Abbilder projiziert, die aber keine Entwicklung durchmachten.

Großer Jubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

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