Uraufführung "Thérèse" von Phillip Maintz bei den Osterfestspielen: Eine mörderische Geschichte

Xl_therese-salzburg-4-19-2 © Matthias Creuzinger

„Thérèse, Thérèse“: Markerschütternd gellen die Todesschreie des ertrinkenden Camille durch den Raum, mit denen die Oper beginnt. Und sie endet als finaler Höhepunkt mit dem stummen Selbstmord der beiden Mörder: Dazwischen liegen gut 95 spannende Minuten. Nach „Lohengrin“ von Salvatore Sciarrino 2017 und „Satyricon“ von Bruno Maderna 2018 wurde nun die Kammeropernreihe der Salzburger Osterfestspiele, eine Koproduktion mit der Hamburger Oper, mit einem Kompositionsauftrag der beiden Koproduzenten „Thérèse“ von Phillip Maintz in der  Großen Aula der Universität fortgesetzt.

Thérèse ist mit dem kränklichen Cousin Camille in Paris zwangsweise verheiratet und leidet unter seinem und dem Diktat seiner Mutter. Als Laurent ein Freund im Hause erscheint, erwacht ihre Leidenschaft. Die beiden beginnen eine Liebschaft und ermorden den Nichtschwimmer Camille, indem sie ihn ins Seine-Wasser werfen. Doch sie werden geplagt von Albträumen und Selbstvorwürfen, die sie unter den Blicken der gelähmten und sprechunfähigen aber wissenden Mutter in den gemeinsamen Selbstmord führen.

Otto Katzamaierhat den Skandalroman des erst 27-jährigen Émile Zola „Thérèse Raquin“ aus 1867 mit seiner nicht endenwollenden Todesspirale zu einem Libretto in mehreren Zeitebenen verdichtet und hat gleich die Rolle des virilen, sehr präsenten Liebhabers Laurent übernommen, den er mit kraftvollem Bariton singt. In meist sehr kurzen Szenen, die durch Black-outs unterbrochen werden, wird der mörderische Krimi in ausschließlich pechschwarzen Kostümen auf einer Einheitsbühne (Ausstattung: Marie-Thérèse Jossen) mit langen, alten Ladentischen, die auch die unterschiedlichen Orte suggerieren, mit mehreren Meeresbildern im Hintergrund, auf welchem auch ein Porträt des Getöteten angebracht ist. Regisseur Georges Delnon setzt die Handlung eindrucksvoll und packend und teils recht drastisch um..

Thérèse wird von Marisol Montalvo mit großer darstellerischer und sängerischer Intensität, die auch die enormen Sprünge bis in höchste Höhen souverän schafft, gegeben. Der auch vom Typ her schwächlich und asexuell wirkende Camille wird vom Countertenor, man wollte offensichtlich bewusst keine männliche Stimme, Tim Severloh gesungen, der längst ermordet die beiden immer wieder als sprechendes Traumbild verfolgt. Renate Behle gibt die unerbittliche Mutter Madame Raquin intensiv und ideal.

Das 11-köpfige Ensemble inklusive eines Akkordeons aus Mitgliedern des Staatsorchester Hamburg bestehend unter dem ungemein präzise dirigierenden Nicolas André kann die Musik von Phillip Maintz sehr ambitioniert umzusetzen. Die ist bei den Singstimmen teils doch sehr kantabel. Sie kann aber auch wabern, beißen, sirren, raunen, rhythmisch pulsieren in einem Netz aus Leitmotiven, Überschichtungen durch die verschiedenen, vorhandenen Erzählebenen und immer wieder reibenden Klangflächen. Viel Applaus!

 

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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