Tschaikowskis "Die Jungfrau von Orléans" in Ljubljana: Eine bildmächtige Welt in Trümmern

Xl_jungfrau_von_orleans-laibach-1-20-5 © Darja Stravs Tisu

Die Welt liegt in Trümmern. Säulenteile der Kirche hängen herunten, Holzbalken, Quadersteine und Stühle liegen verteilt im grauen Kirchenraum. Was ja kein Wunder ist, denn es herrscht Krieg, ein langer Krieg, der hundertjährige: In diesem extrem düsteren, aber stark beeindruckenden Einheitsbild und in grauen Kostümen lassen Frank Van Laecke und sein Bühnenbildner Philippe Miesch (Kostüme: Belinda Radulović)Die Jungfrau von Orléans“ von Peter Iljitsch Tschaikowski am Opernhaus von Ljubljana zeitlos spielen. Wenn auch so manches ziemlich statuarisch, insbesondere der Chor ja fast oratorienhaft arrangiert ist, so lässt einen die beeindruckende Wucht und Macht der Bilder staunen. Der belgische Regisseur spielt bei der historisch geprägten Lebensgeschichte der französischen Gotteskriegerin des 15. Jahrhunderts, nach dem Drama von Friedrich Schiller, die als Jean d’Arc an der Spitze der französischen Truppen die Engländer besiegte und so die Einwohner von Orleans befreite, immer wieder viel mit Details und Symbolen: Wenn etwa Johanna immer wieder bedeutungsvoll Zündhölzer anzündet, wenn die in die Kirche hereinströmenden Flüchtlinge Teil des Altarbildes werden oder wenn zum Finale aus den Kirchentrümmern von Soldaten der Scheiterhaufen errichtet wird.

Eine Wucht ist die Titelheldin: Nuška Drašček Rojko überstrahlt mit ihrem ungemein nuancenreich aber auch durchschlagskräftig und expressiv eingesetzten Mezzo alle und trägt den Abend fast allein. Und kann auch die Seelennöte der Johanna glaubhaft machen. An nächster Stelle sei bereits der sehr differenziert und vor allem machtvoll auftrumpfende Chor des Ljubljana Opernhauses erwähnt. Ihren harten, patriarchalischen Vater zeichnet Janko Volčanšek, der sie auch später der Hexerei anklagt und damit dem Scheiterhaufen preisgibt, fallweise mit donnernder Stimme. David Jagodic als König Karl VII. gefällt mit schöner Höhe und detaillierter Artikulation. Robert Vrčon ist ein Erzbischof von Reims mit reifem Timbre. Ivan Andres Arnšek als Geliebter Lionel verfügt über einen sehr eigenwillig, nicht unbedingt schön klingenden Bariton. Nur orgelnd und eindimensional legt Jiří Rajniš den Dunois an. Unauffällig sind der Verlobte von Johanna Raymond Dejan Maksimilijan Vrbančič und Urška Arlič Gololičič als Agnès Sorel, sie ist die Gespielin des Königs.

Während „Eugen Onegin“ und „Pique Dame“ zum Opernkernrepertoire zählen haben sich die anderen Opern von Tschaikowski außerhalb von Russland nie wirklich durchgesetzt. Dabei verfügt "Die Jungfrau von Orléans" über wunderbare Musik teils im Stil der französischen Grand Opera. Simon Krecic, er ist Künstlerischer Leiter der Oper von Maribor,  am Pult des Orchesters der Ljubljana Oper hat eine sehr energische, kompakte Lesart der Partitur, mit vielen hörenswerten Momenten bei den lyrischen und dramatischen Stellen aufweist, denen nur manchmal etwas der Feinschliff fehlt.  

Das Publikum im vollen Haus war begeistert und reagierte mit einem Riesenjubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

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