"The Trial" von Philip Glass am Salzburger Landestheater: Repetitive Klänge in der Welt Kafkas

Xl_prozess-trial-salzburg-3-19-1 © Anna-Maria Löffelberger

Gleich wenn die Musik anhebt, empfindet man sie als vertraut, obwohl man sie eigentlich noch nie gehört hat. Aber genau das ist das Angenehme an den Klängen von Philip Glass, der ja bekanntlich als Pionier der Minimalmusic gilt und zu den bekanntesten und meistgespielten Komponisten der Gegenwart zählt. Denn bei dieser weiß man immer, was man bekommt. Genauso ist es bei seiner Kammeroper „The Trial“ nach dem Romanfragment von Franz Kafka, die jetzt nach der Uraufführung 2014 im Salzburger Landestheater seine österreichische Erstaufführung erlebt.

Repetitive Formen, Tempo und Rhythmus sind ja bekanntlich in seinen Kompositionen, die sich eigentlich in den letzten Jahren nicht weiterentwickelt haben, der zentrale Faktor und werden immer an die Stimmung der jeweiligen Szene angepasst. Nur zählt „Der Prozess“ nicht zu seinen stärksten Werken, denn die Musik versprüht teils zu wenig Dramatik und „plätschert“ teils immer wieder gleichförmig dahin. Erst gegen Ende bekommt sie Drive und bäumt sich dramatisch auf, wenn Josef K. von den Wärtern hingerichtet wird. Diese expressionistisch-minimalistischen Klangwelten werden so zu einem beeindruckenden, rhythmischen Klangbild. Dabei erweist sich Robin Davis als schlagtechnisch überaus konzentrierter Dirigent am Pult des ebenso ambitioniert spielenden, mit nur mit zwölf Musikern besetzten Mozarteum Orchesters Salzburg..

Auch sängerisch ist man musikalisch sehr gut in Form. Die acht Protagonisten schlüpfen im Laufe dieses rätselhaften Prozesses in die verschiedenen 23 Rollen: Allen voran George Humphreys als ungemein wortdeutlicher und intensiver Josef K., die sauberer intonierende Hazel McBain (Fräulein Bürstner und Leni). Katie Coventry singt mit feinem Sopran (Frau Grubach und Frau des Gerichtsdieners). In weiteren Partien sind noch zu hören: der markante William Ferguson (Student/Prügler/Titorelli), der höhensichere Franz Supper (Franz der Wächter/Kaufmann Block), der stimmgewaltige Raimundas Juzuitis (Untersuchungsrichter/Assistent/Advokat Huld) sowie mit ungemein schöner baritonaler Stimmkultur Jacob Scharfmann (Willem, der Wächter 2/Gerichtsdiener/Gefängniskaplan) sowie der etwas zu laut aufdrehende Michael Schober (Aufseher und Onkel).

Graue, verschiebbare Wände mit Öffnungen tanzen seitlich aufeinander zu und bilden ein horizontales Labyrinth (Bühne: Thomas Pekny), während im Vordergrund ein rotierender, weiß beleuchteter Riegel als Barriere, als Sitzgelegenheit und letztlich als Richtplatz dient. Intendant Carl Philip von Maldeghem scheut sich in seiner mit Heiterkeit und Absurdität gewürzten Inszenierung in heutigen Kostümen (Alois Dollhäubl) etwas vor der erbarmungslosen Welt von Franz Kafka, bleibt immer (zu) nett, scheut Drastik und beobachtet das Geschehen von einer gewissen Distanz.

Trotzdem konnte die österreichische Erstaufführung in Salzburg die großen Erwartungen, die man in die Oper gesetzt hatte, erfüllen!

Viel Applaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

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