„The Sound of Music“ in Klagenfurt: Eine kitschbefreite, berührende Familiengeschichte

Xl_sound_of_music-_c_helge_bauer-klagenfurt-5-23-2 © Helge Bauer

Granaten schlagen ein, Gewehrsalven knattern. Mittendrin steht ein junger Mann, es ist der Briefträger Rolf umgeben von Sterbenden: So drastisch am Schlachtfeld und nicht im Salzburger Kloster Nonnberg lassen Andreas Gergen und Christian Struppeck das Musical „The Sound of Music“, das letzte des erfolgreichen Autorengespanns Richard Rodgers (Musik) und Oscar Hammerstein II (Gesangstexte) am Klagenfurter Stadttheater beginnen. Während das Stück (Uraufführung 1959) am Broadway und vor allem der gleichnamige Film mit Julie Andrews über die Liebesgeschichte zwischen dem verwitweten Baron von Trapp und seinen sieben Kindern und der Novizin Maria vor allem in den USA Kult sind, wurde das Musical in Österreich erstmalig 2005 an der Wiener Volksoper und dann 2011 am Salzburger Landestheater aufgeführt, wo es sich über Jahre zum Dauerbrenner entwickelte.

In Koproduktion mit dem diesem Landestheater folgt die Regie auch sonst dieser Inszenierung.  Dabei gelingt es meist, das Stück von seinem kitschigen Ruf und der Rührseligkeit zu befreien.  In deutscher Sprache wird eine handwerklich sehr gekonnte Inszenierung mit flotten Szenenwechseln und einfachen Choreographien (Kim Duddy) mit der Silhouette der Stadt Salzburg und einem stilisierten Alpenpanorama sowie Trachten (AusstattungCourt Watson) gezeigt. Man sieht auch die nachgebaute Villa Trapp, die für US-Touristen mindestens so wichtig ist wie das Mozart-Haus. Und immer wieder wird auch der politische Hintergrund des Jahres 1938 mehr als in der Verfilmung geschickt ins Spiel gebracht, was ein dramatisches Gegengewicht bewirkt. Besonders bedrohlich wirkt etwa die Szene beim Auftritt der Trapp-Familie unter einem mächtigen Hakenkreuz bei den Festspielen, wenn die Nazi Bonzen in der Proszeniumsloge sitzen und die Türen von HJ-Burschen besetzt werden.

Die absoluten Stars der Aufführung sind die sieben Kinder der Trapp-Familie, die alle sowohl stimmlich als auch schauspielerisch die Bühne dominieren. Dabei begeistern besonders die Älteste, die Liesl, blendend gespielt und gesungen von Marie Gruber und die köstliche, kleine Gretl, die erst siebenjährige Julia Vrzak das Publikum. Aber auch alle anderen gefallen sehr:  Nathanael Bach (Friedrich), Marie-Felizitas Wetzlinger (Louisa) Valentin Jorde (Kurt) Marie Markun (Brigitta) und Juliana Laurent-Weichselbaum (Marta), deren Einstudierung Krassimir Tassev und Mitsugu Hoshino besorgten.

Als Glücksgriff für die Rolle der Maria erweist sich Patrizia Unger, die in dieser Partie auch schon am Salzburger Landestheater auftrat. Sie spielt die zuerst scheue Novizin, die zum liebenswerten Kindermädchen wird, und die sich in Baron von Trapp verliebt sehr berührend. Sie harmoniert mit ihrem wortverständlichen, klaren Sopran ideal mit dem Kinderchor. Erwin Belakowitsch ist ein gestrenger Baron von Trapp, der seine Kinder mit Trillerpfeife und unerbittlicher Disziplin erzieht und gleichzeitig den Nazi-Schergen die Stirne bietet. Nicht nur seinen Herzschmelz-Hit „Edelweiß“ singt er mit feinem Tenor. Als Mutter Oberin trumpft Frances Pappas ganz besonders mit dem Hit „Der Klang der Berge“prächtig auf.Michael Duregger spielt den „Mitläufer“ Max Detweiler besser als er ihn singt. Geschmackvoll und mit Eleganz erlebt man die reiche Unternehmerin Franziska Becker als Elsa Schrader. Didier Borell gelingt es, die Zerrissenheit des jungen Rolf, der in Liesl verliebt ist und als Nazi die flüchtende Familie ziehen lässt, beeindruckend zu zeigen.

Auch beim Kärntner Sinfonieorchester unter Günter Wallner, der auch den gut singenden Damenchor des Hauses einstudiert hat, werden die musikalischen Süßlichkeiten nicht ausgewalzt, der extrabreiten Broadway-Sound wird gestrafft, nur bei der Dynamik wäre etwas mehr Differenziertheit wünschenswert.

Große Begeisterung im Publikum, das schon zwischendurch immer wieder jubelte und letztlich stehende Ovationen spendete!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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