Spannende Uraufführung von Respighis rekonstruierter Oper „Al mulino“ in Triest

Xl_mulino-triest-6-22-2 © F. Parenzan

Fast unentwegt dreht sich das riesige, bedrohlich wirkende Mühlrad im Hintergrund.  Es regnet und blitzt, der Wind bläst. Dunkel sind die Lichtstimmungen im kargen Raum innerhalb der Mühle mit Tisch und Stühlen, punktgenau passend zu den Geschehnissen von „Al mulino“. Denn darin geht es um die unmögliche Liebe einer Müllerstochter zu einem verfolgten Rebellen des russischen Zarenregimes im 19. Jahrhundert, die für diesen letal endet. Die Geschichte wurde von Daniele Piscopo, der auch für die gesamte Ausstattung verantwortlich zeichnet, sehr packend und vital zum Leben erweckt.

Da von der Komposition Ottorino Respighis nur eine nicht vollendete orchestrierte Fassung existiert bzw. nur eine vollständige Fassung für Stimmen und Klavier 1908 in privatem Rahmen aufgeführt wurde, wurde diese jetzt von Paolo Rosato, der auch das Libretto rekonstruieren musste, vollständig orchestriert und als Welturaufführung im Teatro Verdi in Triest auf die Bühne gehievt. Zu hören gibt es eine kraftvoll dramatische aber auch hoch melodiöse, einnehmend schöne Musik, reich an impressionistischen Elementen, die dem Stil Respighis voll gerecht wird. Sie wird vom Orchester des Teatro Verdi unter Fabrizio Da Ros ungemein differenziert, fein aufgefächert aber auch immer packend musiziert.

Auch die Protagonisten können sich hören lassen: Afag Abbasova-Budagova Nurahmed ist eine hochexpressive Müllerstochter Aniuska, Zi Zhao Guo ein höhensicherer Revoluzzer Sergio, der allerdings manchmal zur Larmoyanz neigt. Gut auch Min Kim als ihr Vater Anatolio und Domenico Balzani als fieser Nicola, der den Schergen des Zaren Sergios Versteck verrät. Kraftvoll hört man Christian Saitta als Pope.

Auch bei I Pagliacci von Ruggero Leoncavallo ist von tollen Stimmen zu berichten: Amadi Lagha als Canio punktet mit viel Schmelz, Kraft und tollen Höhen. Auch in seiner Paradearie „Ridi Pagliaccio“ zeigt er keinerlei Ermüdungserscheinungen. Valeria Sepe ist eine kraftvolle Nedda, der es auch nicht an Leichtigkeit fehlt. Devid Cechoni gefällt als Tonio im oberen Register seines Baritons, in der Tiefe ist er recht tremoloreich. Gut hört man auch Blagoj Nacoski als Beppe sowie Min Kim als Neddas Liebhaber Silvio. Der Chor des Hauses singt in beiden Opern stimmkräftig und sehr homogen.

Sängerfreundlich und zu brav agiert Valerio Galli am Pult des Orchestersdes Teatro Verdi, emotional wäre noch viel Luft nach oben gewesen.

Auch hier ist wieder eine mitreißende Inszenierung von Victor Garcia Sierra mit ausgefeilter und kluger Personenführung zu erleben. Er lässt den beliebten veristischen Edelreißer im Jahrmarktsmilieu vor einem Riesenrad, mit Ringelspiel, Buden, Leuchtschriften.  

Dr. Helmut Christian Mayer

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