Salzburger Osterfestspiele-Maderna "Satyricon"-Grellbunter Bilderbogen der Dekadenz

Xl_satyricon-salzburg-3-18 © OFS - Creutziger

Böse, zeitgemäße Satire im raffinierten Stilmix Salzburg: Packende Umsetzung der zeitgenössischen Kammeroper „Satyricon“ von Bruno Maderna bei den Osterfestspielen Von Wagner bis Puccini, von Gluck bis Verdi: Ganz ungeniert verwendet Bruno Maderna musikalische Zitate und greift in alle nur erdenklichen Stiltöpfe. Keine einzige Note sei von ihm, wie er selbst zur Komposition seiner Kammeroper ironisch anmerkte. Trotzdem ist die Musik ungemein originell und witzig. Nach „Lohengrin“ von Salvatore Sciarrino 2017 wurde nun die Kammeropernreihe der Salzburger Osterfestspiele, eine Koproduktion mit der Dresdner Semperoper, mit „Satyricon“ im Theater „republic“ fortgesetzt. 1973 uraufgeführt basiert das Werk auf dem „Gastmahl des Trimalchio“ aus dem altrömischen Schelmenroman „Satyricon“ von Titus Petronius, der am Hofe von Nero angeblich den Geschmack vorgegeben hat.

Dabei sind die Parallelen zwischen römischer Dekadenz mit dem Heute mehr als verblüffend. Die Reihenfolge der 16 Szenen, die von fünf, „avantgardistischen“ Tonbandeinspielungen ergänzt sind, sind vom Komponisten nicht festgelegt und dürfen vom Leading Team individuell ausgewählt werden. Die lockere Szenenfolge ist jedoch weit davon entfernt, ein dramaturgisch durchgeformtes Ganzes zu bieten. Trimalchio, ein ehemaliger Sklave und Lustknabe, der durch eine Erbschaft reich wurde und sein extravaganter Lebenswandel, sein schillernder Luxus steht im Mittelpunkt des Werkes. Sieben Gäste empfängt er zum Festmahl. Georg Schmiedleitner hat daraus einen grellbunten Bilderbogen der Dekadenz gemacht. Zwischen zwei riesigen Kühlschränken, die auch Platz für mehrere Personen nicht nur zum Champagner Nachtanken bieten, werden exzessiv alle Formen der Lust und Perversionen, inklusive zweier goldig angemalter, knackiger männlicher Sklaven mit Hundemasken, bis zur Inszenierung der Beerdigung des Gastgebers von einem ungemein spielfreudigen und toll in fünf verschiedenen Sprachen, inklusive Latein, singenden Ensemble zelebriert.

Dabei ist Tom Martinsen ein vulgärer Trimalchio mit höhensicherem Tenor, Michal Doron eine ungemein ordinäre Fortunata. Tahnee Niboro als schönstimmige Criside ist ständig damit beschäftigt, ihre Unterarme zu ritzen. Ohne Tadel auch: Timothy Oliver, Katerina von Bennnigsen, Bernhard Hansky, Jennifer Riedl und Matthias Henneberg als profunder Eumolpus. Das Österreichische Ensemble für Neue Musik unter dem erfahrenen, akkuraten Peter Tilling weiß den pfiffigen Stilmix, der noch durch avantgardistische Tonbandeinspielungen, Schlager und Renaissancemadrigale ergänzt wird, und die Aleatorik, sehr ambitioniert umzusetzen. Viel Applaus!

Helmut Christian Mayer

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