Salzburger Festspiele: Wie schön singt die Prinzessin Salome heute Nacht

Xl_salome-salzburg-8-18-1 © Ruth Waltz

Bei den Salzburger Festspielen besticht Asmik Grigorian als Salome mit einer sensationellen Leistung, die fabelhaften Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst und der Regisseur mit einer bildmächtigen, symbolstarken Inszenierung

Sie ist nicht nur schön die Prinzessin, wie der in sie verliebte Narraboth gleich zu Beginn schwärmt, sondern auch lasziv und verführerisch. Sie wird nicht nur begehrt, sondern ist auch naiv und dem Erwachsenwerden ihres Körpers in hilfloser Unschuld ausgeliefert, wie ein Blutfleck auf ihrem weißen Kleidchen am Gesäß andeutet. Sie kann auch hart wie auch zerbrechlich ebenso wie trotzig und abscheulich sein: Asmik Grigorian spielt die „Salome“ von Richard Strauss bei den Salzburger Festspielen bis zur Selbstaufgabe. Die litauische Sopranistin - im Vorjahr sang sie hier in Salzburg die „Wozzeck-Marie – ist darstellerisch eine Wucht, denn da passt jedes Detail, jede Bewegung und jede Mimik, wie man auch bei der TV-Übertragung in Großaufnahme sehen konnte. Und sie singt die Titelfigur auch phänomenal: Da passt jede Phrase, jede Nuance, jeder Spitzenton und man versteht jedes Wort. Ihr „Lass mich deinen Mund küssen, Johanaan“ sowie ihr Schlussgesang werden zum Ereignis!

Ihr begehrter Johanaan ist ausstaffiert wie ein schwarzgesichtiger Urmensch mit Fell und Federn und wird von Gabor Bretz mit schönem, durchschlagskräftigem Bariton gesungen. John Daszak ist ein manchmal etwas scharfer aber immer markanter und höhensicherer Herodes. Anna Maria Chiuri ist eine etwas zu hysterische und schrille Herodias. Auffallend schön klingt der Tenor von Julian Pregardien als Narraboth. Auch die vielen kleineren Partien sind alle sehr gut besetzt.

Mit zum musikalischen Erfolg tragen natürlich auch die Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst bei: Ungemein kammermusikalisch, transparent, detailliert und mit durchgehendem spannungsvollen Musizieren, zugespitztem Expressionismus und schillernden, fassettenreichen Orchesterfarben sowie ausgeklügelter Dynamik wird musiziert.

„Te saxa loquuntur“ („Von dir sprechen die Steine“), jene Inschrift über dem Salzburger Siegmundstor neben dem Festspielhaus, prangt schon zu Beginn auf dem Vorhang. Und mit Steinen hat Romeo Castellucci, Regisseur, Ausstatter, Konzeptkünstler und Symbol- und Metaphererfinder, die Arkaden der Felsenreitschule völlig zugebaut. Dadurch wirkt der Raum archaisch, bedrohlich einengend wie ein Gefängnis, ein Erstickungsraum, ein brutaler Steinkerker voller Konflikte! Auf einem goldenen Stein mit der Aufschrift „Saxa“ wird die knieende, mit einem Band gefesselte, nackte Salome von einem sich von oben langsam senkenden Stein anstelle des Schleiertanzes zermalmt bzw. verschwindet darin. Johanaan erscheint im Auge eines schwarzen, immer größer werdenden Mondes. Am Hofe geht es blutrünstig zu, immer wieder werden blutverschmierte Leichen in Plastiksäcken hereingeschleppt. Alle anderen Protagonisten wie auch Herodes tragen dunkle Anzüge und haben Hüte auf, die untere Hälfte aller Gesichter ist blutig. In Johanaans Zisterne hält sich auch ein Rappen auf, dessen abgeschnittener Kopf wird Salome später zu ihren Füßen gelegt. Salome badet in Milch. Der Kopf des Propheten wird ihr vorenthalten, am Ende bekommt Salome gleich seinen ganzen abgetrennten Torso serviert, auf den sie dann etwas hilflos die Krone oder den Pferdekopf hinaufsetzt. Zum Finale ertränkt sich die Prinzessin im Wasser. Castelluccio besticht bei seiner ersten Salzburger Arbeit, mit einer Serie von minimalistischen aber eindrucksvollen Bildern und einem ungemein starken Symbolismus.

Riesenjubel, Ovationen und keinerlei Widerspruch und ein bei der Premiere vor Asmik Grigorian niederknieender Regisseur, die mit diesem Erfolg sicher ihren internationalen Durchbruch geschafft hat!

Helmut Christian Mayer

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