Salzburger Festspiele: Brahms „Ein deutsches Requiem“ - Eine überwältigende Totenmesse

Xl_wiener-thielemann-dreisig-volle-7-2023-c-sf-marco-borrelli © Marco Borelli

"Ich bin noch ganz erfüllt von deinem Requiem, es ist ein ganz gewaltiges Stück, ergreift den ganzen Menschen… Der tiefe Ernst, vereint mit allem Zauber der Poesie wirkt wunderbar, erschütternd und besänftigend…“: Besser als Clara Schumann in ihrem Brief an Johannes Brahms kann man die Gesamtwirkung nicht beschreiben. Und in genau solchen vielschichtigen Emotionen Stimmungen erlebte man sein „Deutsches Requiem“ als erstes Konzert der Wiener Philharmoniker bei den Salzburger Festspielen im ausverkauften Großen Festspielhaus, das auch live in ORF III übertragen wurde.

Das Werk ist ja bekanntlich keinesfalls die deutsche Fassung des lateinischen Requiem-Textes, sondern mit freien Texten aus der Luther Bibel eine musikalische Totenfeier, die quer steht zum liturgischen Modell. Nicht die Toten und die Bitte um deren Erlösung stehen im Mittelpunkt sondern bei Brahms der zurückgebliebene, lebende Mensch. Er soll getröstet werden. Und hier schlug Christian Thielemann bei den Wiener Philharmonikern weihevolle aber auch aufwühlende Momente an. Der deutsche Maestro wusste einen immensen Farbenreichtum zu erzeugen, modellierte subtile Phrasen sorgfältig heraus, ließ aber auch packende Steigerungen gekonnt zu. Die Höhepunkte dieser der Erlösung durch Trost gewidmeten siebensätzigen Totenmesse wurden mit ständiger und zwingende Innenspannung herausgearbeitet. Der tiefe Ernst gepaart mit Poesie wirkte erschütternd aber auch besänftigend.

„Ihr habt nun Traurigkeit“: Elsa Dreisig sang ihre einzige Arie mit tiefer Andacht und betörenden, ja strahlenden Tönen aber leider etwas schwer verständlich. Nobel, weich, herrlich phrasierend und absolut wortdeutlich erlebte man den großen Opernsänger Michael Volle. Er wusste bei seinen beiden Arien höchste kultivierte Gesangskultur mit seinem edlen, qualitätsvollen Bassbariton ausdruckstark erklingen zu lassen. „Selig sind, die da Leiden tragen, denn sie sollen getröstet werden“: hob der Chor mit feinsten Piani und trotzdem großer emotionaler Wucht an. So hebt der Chor mit feinsten Piani und trotzdem großer emotionaler Wucht an. Der Wiener Singverein, der von Johannes Prinz präzise einstudiert worden war, war mit reichen Fassetten und größter Homogenität zu hören. Ein Höhepunkt war sicher der Choral „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“.

Stehende Ovationen!

Dr. Helmut Christian Mayer

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