
Sie ist die „Frau, die singt“, auch wenn sie gefoltert wird und heißt Zaide. Ihre Tochter Persada kommt in dieses ehemalige Foltergefängnis, auf der Suche nach der Geschichte ihrer Mutter, die hier geendet hat. Der ehemalige Gefängniswärter Allazim ist als Museumswärter noch hier und erzählt Persada, wie deren Eltern Zaide und Gomatz, ein Mithäftling, in den sich Zaide verliebt hat, dort ums Leben gekommen sind: Das ist die Handlung von "Zaide oder Der Weg zum Licht“, so wie sie Raphaël Pichon konzipiert und ins Heute weitergedacht hat, denn Wolfgang Amadeus Mozart hat die gleichnamige Oper nur als Fragment hinterlassen und später mit der Komposition von „Die Entführung aus dem Serail“ mit einer ähnlichen Handlung begonnen. Für diese Produktion der Festspiele in der gewaltigen Felsenreitschule quasi als Riesengefängnis hat Wajdi Mouawad eigene Sprechtexte (Übersetzung: Uli Menke) verfasst. Ohne Bühnenbild, allein durch Evelin Facchinis Choreografie und Bertrand Coudercs subtiler Lichtregie wirkt diese minimalistische Inszenierung sehr berührend, wobei alle außer Persada mit weißen Hemden und schwarzen Hosen bekleidet sind und sowie der sich immer neu zu Tableaus formierende Chor mit meist schreitenden Bewegungen barfuß agieren.
Musikalisch erklingt in diesem Pasticcio ausschließlich Mozarts Musik aus „Zaide“ aber auch klug ergänzt unter anderen aus der Kantate „Davide penitente“ sowie aus „Thamos“ und umrahmt mit Musik vom Adagio in C-Dur für Glasharmonika, letzteres wie aus einer anderen Welt.
Als Titelfigur kämpft Sabine Devieilhe mit ihrem wunderbar strahlenden Koloratursopran mit höchsten Tönen um das Leben ihres ungeborenen Kindes und ihren Geliebten Gomatz, den Julian Prégardien balsamisch sanft erklingen lässt und singt das "Ruhe sanft, mein holdes Leben" an ihr Ungeborenes mit ergreifender Liebe. Lea Desandre fasziniert als Persada mit ihrem sinnlichem, flexiblen Mezzo. Daniel Behle ist der Peiniger Soliman und singt ihn mit klarem Tenor. Johannes Martin Kränzle ist nunmehr ein geläuterter, menschlicher Wärter Allazim, er wirkt auch als Erzähler der manchmal etwas naiven Texte und gibt sich als väterlicher Retter von Persada zu erkennen. Wunder einfühlsam, von kaum mehr hörbaren Piani bis stimmgewaltig hört man den Pygmalion Chor, ebenso auf den stets anstachelnden musikalischen Leiter Raphael Pichon eingespielt, wie das ganz famose, vitale, plastische, akzentreiche Pygmalion Orchester, die mittlerweile für ausgefallenen Neuinterpretationen bekannt sind.
Stehende Ovationen!
Dr. Helmut Christian Mayer
20. August 2025 | Drucken
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