Rossinis "Zelmira" aus Wildbad auf CD: Ein musikalisches Fest

Xl_zelmira-rossini-krakau-4-20 © Naxos

Es war seine letzte Komposition für Neapel: Und so markiert Zelmira“ in Gioachino Rossinis Opernschaffen einen Einschnitt, da das Werk eigentlich schon für ein ausländisches Publikum konzipiert war. Schon während der Arbeitsphase war klar, dass mit dieser 1822 am Teatro San Carlo mit großem Erfolg uraufgeführten Oper knapp zwei Monate später die "italienische Saison" im Wiener Kärntnertortheater eröffnet werden sollte. Dafür kamen auch die großen Stars aus Neapel dorthin. Von Wien ging es dann 1824 über London nach Paris, wo Rossini die Leitung des Théâtre Italien übernahm und wo er für die dortige Primadonna ein neues Finale schuf. Beim Rossini Wildbad Festival ist nun, wie bereits in Pesaro 2009, diese Pariser Fassung von 1826 zu erleben, die kürzlich bei Naxos Nr. 8666468-70 als CD herausgekommen ist.

Die Handlung basiert auf der Tragödie „Zélmire“ von Dormont de Belloy aus 1762. Diese Geschichte wird in der Oper in die graue Vorzeit der Insel Lesbos übertragen. Der zu Unrecht an die Macht gekommene König Azor wird ermordet aufgefunden. Der den Mord geplante Antenore will die Macht übernehmen und beschuldigt gemeinsam mit seinem Vertrauten Leucippo, Zelmira, die Tochter des ehemaligen Königs Polidoro, des Mordes an Azor. Zudem wird Zelmira auch verdächtigt, den Tod ihres Vaters verschuldet zu haben. Allerdings hat sie diesen, um ihn zu schützen, versteckt. Als ihr Gatte Ilo aus dem Krieg um Troja zurückkehrt, gelingt es Antenore, diesen glauben zu lassen, dass Zelmira nicht nur den Tod ihres Vaters zu verantworten habe, sondern auch einen Anschlag auf sein Leben plane. Zelmira kann verhindern, dass Leucippo Ilo tötet. Leucippo gelingt es allerdings, Zelmira mit dem Dolch als Attentäterin zu beschuldigen und in den Kerker werfen zu lassen. Mittlerweile erfährt Ilo, dass Polidoro noch lebt, und beschließt, die Gattin zu retten. In letzter Minute kann er verhindern, dass Polidoro und Zelmira von Antenore und Leucippo getötet werden. Polidoro wird als rechtmäßiger König über Lesbos wiedereingesetzt.

Die Partitur beeindruckt durch eine sehr einfallsreiche und effektvolle Orchestrierung. Man sagt der Oper nach, Rossini hätte in diesem Werk versucht, italienische Leichtigkeit mit deutschem Musikdrama zu verbinden. Die Oper verzichtet auf eine Ouvertüre, was für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich war. Sie startet direkt mit einer Introduktion, in der die Herren des von Mateusz Prendota einstudierten Górecki Chamber Choir aus Krakau stimmgewaltig singen, ein Chor bei dem auch später die Damen gefallen. Nicht leicht macht es Rossini wieder den Sängern, die er ungemein fordert. Aber das Ensemble ist diesem mehr als gewachsen und singt mit kleinen Einschränkungen exquisit: Silvia Dalla Benetta als Zelmira begeistert durch einen leuchtenden, koloraturensicheren Sopran, der in den Höhen enorme Strahlkraft besitzt. Marina Comparato als ihre Vertraute Emma setzt mit warmem Mezzosopran ein stimmliches Gegengewicht und kann mit innigem Gesang und kultivierter Linie punkten. Glänzen kann auch Mert Süngü als zurückgekehrter Gatte der Titelheldin und Prinzensohn Ilo mit tenoralem Glanz. Er kann die gesamte Belcantokunst inklusive müheloser Spitzentöne ausspielen. Federico Sacchi als Polidoro singt mit profundem, meist sanft angelegtem Bass und klingt nur manchmal in den Tiefen etwas schmal. Joshua Stewart verfügt als Antenore über einen kräftigen, strahlenden Tenor, der in den extremen Höhen allerdings anfänglich leichte Intonationsprobleme hat. Luca Dall'Amico verleiht dem Intriganten Leucippo einen dunklen, gefährlich klingenden Bass.

Der Rossini-Spezialist Gianluigi Gelmetti erweist sich am Pult der Virtuosi Brunensis als feinfühliger Meister für Rossinis ernste Oper. Nur anfänglich trumpft er zu gewaltig auf, und macht es dabei den Solisten nicht leicht. Der versierte Dirigent schafft ein ungemein wohl klingendes Fundament mit vielen subtilen Feinheiten.Es ist eine elegante Werkauslegung, die den Anforderungen eines akzentuierten Konzertierens ebenso gerecht wird wie Rossinis Vorstößen in die romantische Opern-Zukunft Richtung Verdi.

So gibt es bei dieser Live Aufnahme am Ende zu Recht frenetischen Beifall für alle Beteiligten.

Dr. Helmut Christian Mayer

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