Rossinis „La Cenerentola“ an der Wiener Staatsoper: Schaumgebremste Spritzigkeit

Xl_cenerentola-berzhanskaya_tagliavini_florez-wien-3-24-1 © Michael Pöhn

Es war schon eine Überraschung, als vor einigen Tagen bekanntgegeben wurde, dass Juan Diego Flórez anstelle des erkrankten Edgardo Rocha den Don Ramiro singen würde. Und die entsprechenden hochgeschraubten Erwartungen bei dieser neuen Aufführungsserie von Gioachino Rossinis Meisterwerk „La Cenerentola“, der berühmten Opernversion von Aschenbrödel, an der Wiener Staatsoper werden erfüllt. Denn der Peruaner singt bei seinem Staatsopern-Rollendebüt den auf Brautschau gehenden, feschen Prinzen mit schönem, hellen, lyrischen Tenor ohne geringste Mühe mit den vielen hohen C’s. Ein Erlebnis ist aber auch Vasilisa Berzhanskaya, die die Titelheldin Angelina, wie schon hier vor einem Jahr, wunderbar mädchenhaft und mit höchsten Koloraturansprüchen singt. Der Bariton von Michael Arivony, der gekonnt hochstapelnde Kammerdiener Dandini, der beim ersten Erscheinen wie ein italienischer Schnulzensänger auftritt, klingt agil und geschmeidig. Der Philosoph Alidoro wird mit kernigem, voluminösem Bass von Roberto Tagliavini verkörpert. Ebenso mit profundem Spielbass ausgestattet ist Misha Kiria als ungemein präsenter, urkomischer, schlitzohriger Stiefvater Don Magnifico, anstelle der sonst im Märchen auftauchenden bösen Stiefmutter. Seine beiden stimmlich quirligen und wendigen Töchter sind Ileana Tonca als Clorinda und Isabel Signoret als Tisbe, beide auch optisch eine Augenweide. Der Männerchor des Hauses, teils als Frauen kostümiert, singt gut.

Leider lässt Gianluca Capuano die feinfühlige Partitur im Orchester der Wiener Staatsoper besonders anfänglich zu wenig impulsreich sondern meist schnurrend ablaufen, beinahe wie ein Uhrwerk. Er begleitet die Sänger gekonnt und umsichtig, teils ist man jedoch mit dem Chor nicht immer eines Sinnes. Was jedoch teilweise auf der Strecke bleibt, ist die gewünschte Rossini’sche Spritzigkeit, die virtuosen Leichtigkeit, jene Akzente, die ansonsten so mitreißend wirken.

Vielleicht mangelte es an Proben, was auch szenisch zu bemerken ist, da vielfach statisches Rampensingen angesagt ist, und dadurch die teils humorvolle und persiflierende Sicht in dem fiktiven Miniherzogtum San Sogno mit den vier eleganten Oldtimern, auf denen sich auch der Landesname auf den Autokennzeichen  befindet, von Sven-Eric Bechtolf aus 2013 nicht ideal zur Geltung kommt. Auch zwei langwierige, lähmende Umbaupausen lassen den Abend lang werden.

Viel Applaus für das Sängerensemble, einige Buhs für den Dirigenten.

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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