
Wie seinerzeit die Muppets Waldorf und Statler in der Logen saßen, so sitzen diesmal schon beim Einlass und lange bevor die Musik anhebt doch tatsächlich Donald Trump, Wladimir Putin und Xi Jingping als riesige Köpfe in den beiden Proszeniumslogen und winken ins Publikum: Aron Stiehl konnte offensichtlich der Versuchung einer ironisierenden Aktualisierung von Richard Wagners „Rheingold“ nicht widerstehen. Zweifellos geht es nicht nur im Vorspiel der Tetralogie, mit dem jetzt „Der Ring des Nibelungen“ am Stadttheater Klagenfurt zu Ende geschmiedet wird, um zeitlose Themen wie Macht, Gewalt, Missbrauch, Korruption, Geld und Liebe, aber muss dies so plakativ gezeigt werden? Nach einem eingespielten auch optischen Rückblick vom Finale der letztjährigen „Götterdämmerung“ beginnt erst das eigentliche Spiel. Auf einer stark verkleinerten, bunten Bühne auf der Bühne, die wie ein grottenartiges Kinderzimmer wirkt, mit hängenden Wasserpflanzen und sich drehenden, angedeutenden Wellen agieren recht kindisch die mit Wasserball, Plastikhai und Schwimmreifen spielenden Rheintöchter in Glitzerkostümchen. Das Rheingold selbst ist eine goldene, funkelnde Rückwand, die beim völlig unspektakulären Raub desselben einfach erlischt.
Die Götter hausen dann in einem schäbigen, grauen Raum auf Klappstühlen, als Tische fungieren Kartons, im Hintergrund die Burg Walhall, die dem Aussichtsturm des Pyramidenkogels am Kärntner Wörthersee gleicht (Ausstattung: Okarino Peter und Timo Dentler). Dorthin werden sie zum Finale mit der, schon in allen bisherigen Teilen omnipräsenten Gondel hinauffahren, während Loge zurückbleibt und nachdenklich mit seinem Feuerzeug spielt. Und zu guter Letzt fährt noch auch recht kindisch eine winzige Gondel mit einer Regenbogenfahne von der Bühne quer über das Publikum hinweg in Richtung Galerie.
Aber außer so manchen fast operettenhaften, ironisch aktualisierenden Ideen erzählt der Intendant des Stadttheaters die Geschichte schlüssig, detailreich und auch mit packender Dramatik.
An den Mangel an Streichern im, für das Werk zu kleinen Graben muss sich das Ohr anfänglich erst gewöhnen. Aber bald erfreut es sich beim Kärntner Sinfonieorchester unter den scheidenden Chefdirigenten Nicholas Milton, bei seiner letzten Opernproduktion am Haus, an kammermusikalischer Transparenz und geheimnisvoller Sensibilität. Bei den Verwandlungsmusiken und beim finalen „Einzug der Götter in Wallhall“ lässt es dann viel Klangpracht vernehmen.
Gut durchhörbar ist das qualitätsvolle Gesangsensemble: An erster Stelle ist Kai Kluge zu nennen. Sein Loge im Flammenanzug ist stimmlich ideal, höhensicher, kraftvoll und extrem wortdeutlich. Er spielt den herumschweifenden Feuergott ungemein präsent, listig und lässig. Große Textverständlichkeit hört man auch sonst an diesem Abend. So auch bei Martin-Jan Nijhof, der als sehr eitler, korrupter Wotan im eleganten Anzug und Pelzmantel gezeichnet ist. Er verfügt über einen kraftvoll edlen Bariton. Markus Marquardt, der bisherige Wotan der vergangenen Teile zeigt eine intensive Charakterstudie des Alberichs. Veronika Dünser ist eine dunkel gefärbte Erda – sie singt auch die Flosshilde - mit leichten Intonationsproblemen. Fritz Steinbacher ist ein sehr gequälter Mime. Mit feinem Timbre ist die Fricka der Anke Vondung zu vernehmen, schön phrasiert Elisabeth Dopheide als Freia. Die Riesen, der vibratoreiche Rafal Pawnuk und Matheus Franca singen voluminös. Eindrucksvoll hört man Marian Pop als Donner sowie mit schönem Tenor David Jagodic als Froh. Makellos singen Fernanda Allande und Christiane Döcker die beiden übrigen Rheintöchter.
Spontane, stehende Ovationen!
Dr. Helmut Christian Mayer
12. Mai 2025 | Drucken
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