Puccinis "Butterfly" als erste erfolgreiche Premiere der Wiener Staatsoper der Saison 20/21

Xl_butterfly-wien-9-20-4 © Michael Pöhn

Scheinbar schwebende Lampions, die von dunklen, kaum sichtbaren Figuren getragen werden, herunterfallende Blütenblätter, verschiebbare Paravents, die unterschiedliche Räume erzeugen; dann ungemein schöne bunte japanische Kostüme, Deckenspiegel, die das Geschehen raffiniert verdoppeln, irisierende Lichtstimmungen, Solotänzer, japanische Bunraku-Puppen, auch statt dem Kind: Von wunderbarer Ästhetik, die  nur ganz selten ins Kitschige abgleitet und mit allen klassischen Elementen, mit denen man das Japanische verbindet, bringt einen die aber trotzdem minimalistische Ausstattung und Inszenierung von Giacomo Puccinis Madama Butterfly zum Staunen (Bühne: Michael Levine - Kostüme: Han Feng). Und dass obwohl diese an die 15 Jahre alt ist. Sie wurde erstmalig 2005 an der Londoner English National Opera und 2006 an der Metropolitan Opera in New York gezeigt. Der 2008 verstorbene britische Regisseur Anthony Minghella, der auch bei Filmen wie etwa dem berühmten „Der englische Patient“ Regie führte, hat sie gemeinsam mit seiner aus Hongkong stammenden Witwe, der Regisseurin und Choreographin Carolyn Choa erdacht, die sie jetzt für die Wiener Staatsoper einstudiert hat. Es ist ja bekanntlich die Politik des neuen Direktors Bogdan Roscic in der ersten Spielzeit nicht nur reine Neuproduktionen, sondern in die Jahre gekommene, uralte durch bereits woanders aufgeführte und bewährte Inszenierungen zu ersetzen. Diese Oper ist jetzt somit der Auftakt einer großen Repertoire-Renovierung.

Aber bei dieser modernen und zeitlosen und vor allem ästhetischen Konzeption auf einer schwarzen, meist leeren Schräge wird die Geschichte der jungen, später unglücklichen und verlassenen Geisha keineswegs vernachlässigt sondern glaubhaft und berührend erzählt.

„Addio, addio“: Schluchzend und mit Tränen erstickter Stimme nimmt die unglückliche Cio-Cio-San Abschied von ihrem Kind. Gleich darauf wählt sie den Freitod: Das Publikum tief zu berühren weiß Asmik Grigorian, die sich in den vergangenen Jahren bei den Salzburger Festspielen in die erste Reihe - als Salome bzw. als Chrysothemis – gesungen hat aber nicht nur in dieser Schlussszene. Sie ist eine Singschauspielerin ersten Ranges und vermag mit großer Bühnenpräsenz und einer weiten Gefühlspalette Innigkeit, Naivität, Freude wie auch Verzweiflung hinreißend auszudrücken und damit intensive Emotionen hervorzurufen. Auch ihre große Arie „Un bel di vedremo“ im zweiten Akt wird zum Ereignis. Freddie De Tommaso als mit den Gefühlen leichtfertig spielender Pinkerton vermag mit strahlendem, durchsetzungskräftigem Tenor zu faszinieren. Boris Pinkhasovich ist ein warmstimmiger, ausgesprochen schön klingenden Konsul Sharpless. Virginie Verrez singt die Suzuki mit schlankem Mezzo. Gut erlebt man auch die vielen kleineren Partien, und den Staatsopernchor.

Gespannt war man auch auf den ersten Auftritt des neuen Musikdirektors Philippe Jordan am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper in seiner ersten Produktion und dieser fällt vielversprechend aus: Er atmet mit den Sängern mit, vermag große Leidenschaften und Gefühle zu verströmen, ohne dabei Gefahr zu laufen, ins allzu Süßliche abzugleiten. Die Musiker spielen den schillernden Strom der herrlichen Melodien Puccinis sehr delikat, differenziert, süffig und beeindrucken mit feinem, nur ganz selten zu dick aufgetragenem Sound.

Großer Jubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

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