Pergolesis „Stabat Mater“ im Berliner Konzerthaus:Tiefe Schmerzen Mariens

Xl_stabat_mater-pergolesi-anna_prohaska-jaroussky-berlin-4-21-1 © Konzerthaus Berlin

Es ist nicht ganz sicher, aber wahrscheinlich wurde das mittelalterliche Gedicht „Stabat Mater" vom Schmerz der Gottesmutter Maria um ihren gekreuzigten Sohn im 13. Jahrhundert verfasst. Jedenfalls war es so inspirierend, dass es viele bedeutende Komponisten vertont haben: Von Josquin Desprez und Giovanni Pierluigi da Palestrina bis hin zu Krzystof Penderecki und Arvo Pärt. Die wohl berühmteste Fassung stammt jedoch aus den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts von Giovanni Battista Pergolesi, die er wenige Wochen vor seinem frühen Tod komponierte. Als er 1736 in einem Franziskanerkloster in der Nähe von Neapel starb, war er gerade erst einmal 26 Jahre alt. Trotzdem war er schon zu Lebzeiten ein bedeutender Komponist, vor allem seine Opern waren beim Publikum beliebt. Besonders „La Serva Padrona" („Die Magd als Herrin“) wurde ein großer Erfolg. Das bis heute zu den am häufigsten aufgeführten Werken geistlicher Kompositionen überhaupt zählende Stück nach seinem frühen Tode blieb jedoch das "Stabat Mater“ für Alt, Sopran, Streicher und Basso continuo. Pergolesis Version war eines der beliebtesten Werke des 18. Jahrhunderts und berührt heute wie damals mit seiner tief empfundenen Unmittelbarkeit in der Darstellung der Leiden Marias. Die Bedeutung des Werkes war bald so groß, dass kein Geringerer als Johann Sebastian Bach eine deutsche Fassung aufführte. Darüber hinaus zeugen zahlreiche Abschriften, Drucke und Bearbeitungen von der enormen Beliebtheit des Werkes, die bis heute durch viele Aufführungen und Einspielungen fortdauert.

Pergolesi komponierte es im Auftrag einer neapolitanischen adligen Laienbruderschaft, der Cavalieri della Vergine dei Dolori di San Luigi al Palazzo, zum Gebrauch in der Lturgie der Karwoche. Somit war es naheliegend, es jetzt am Karsamstag im Berliner Konzerthaus wegen der anhaltenden Pandemie ohne Publikum aufzuführen und live zu streamen. Unter Leitung von Andrea Marcon, einem ausgewiesenen Spezialisten für Alte Musik, spielte das Konzerthausorchester Berlin eines der anrührendsten und einflussreichsten geistlichen Werke des Barocks mit großer Stilsicherheit, Ausgewogenheit und Klangschönheit. Hier wurde man der einfachen, natürlichen musikalischen Sprache, dem neu aufkommenden galanten Stil, der sich deutlich von seinem Opernstil unterscheidet, voll gerecht.

Die Solopartien waren hochkarätig besetzt: Mit Anna Prohaska, der aktuellen „Artistin in Residence“ am Konzerthaus Berlin, die ihre Soli mit glasklarem und reinstem Sopran zum Besten gab. Sowie mit Philippe Jaroussky – er war „Artist in Residence“ in der Saison 2015/16 – mit seinem sinnlich timbrierten, hochvirtuosen und technisch perfekten Countertenor.  Zudem war es wunderbar, wie sich die beiden Stimmen miteinander mischten und vereinten.

Was dem Abend noch eine ganz besondere Note verlieh, war die ausgeklügelte Lichtdramaturgie im Großen Saal mit nebeligem Gegenlicht oder Licht von oben und wandernden Lichtmustern auf der Bühne, womit suggestive Stimmungen erzeugt werden konnten.

Dr. Helmut Christian Mayer

Konzert im Streaming auf der Website der Berliner Konzerthaus.

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