Oksana Lyniv mit Wagner erfolgreich am Pult der Wiener Symphoniker

Xl_lyniv-oksana-2-21-1 © Lukas Beck

Sie waren zu ihrer Zeit musikalische Antipoden. Und trotzdem oder gerade deshalb werden sie bei Konzerten programmatisch immer wieder zusammengespannt: Richard Wagner und Claude Debussy. So wie auch jetzt beim bereits zwölften Mal stattfindenden, sogenannten „Wohnzimmer - Konzert“ der Wiener Symphoniker im leider wieder publikumslosen riesigen Wiener Konzerthaus, das aber als Entschädigung für die ausgehungerten Klassikfreunde zu Hause gestreamt wurde.

Dieser programmatische Schwerpunkt für den Bayreuther Meister kommt nicht von ungefähr, denn am Pult stand diesmal Oksana Lyniv. Und diese sollte eigentlich vergangenen Sommer bei den Bayreuther Festspielen als erste Frau am Pult dort überhaupt Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ dirigieren. Das machte allerdings einmal mehr die Pandemie zunichte. Ihr Debüt soll aber kommenden Sommer nachgeholt werden. Die aus der Ukraine stammende Dirigentin ist längst keine Unbekannte mehr. Sie war ab 2013 Assistentin von Kirill Petrenko an der Bayrischen Staatsoper in München, lenkte von 2017 bis 2020 die künstlerischen Geschicke an der Oper Graz und startet mittlerweile international durch. 2019 stand sie erstmalig am Pult der Wiener Symphoniker und dirigierte höchst erfolgreich am Theater an der Wien Peter Iljitsch Tschaikowskys „Die Jungfrau von Orleans“.

Jetzt aber war eben Wagner zu hören, zu dem die 43-jährige Dirigentin eine besondere Affinität hat: Sein Vorspiel zu den Opern „Die Meistersinger von Nürnberg“, dann erklang das Vorspiel zu „Tristan und Isolde“ sowie das lebendige Vorspiel zum 3. Akt von „Lohengrin“. Mit überwiegend großen und energischen Gesten schaffte Lyniv eine sehr kompakte Wiedergabe der Partituren, die viele hörenswerte Momente aufwies. Sie wusste auch packende Spannungsmomente bei den Musikerinnen und Musikern aufzubauen. Auch die Sensibilität, der Feinschliff und die Balance zwischen den Instrumentengruppen waren als beinahe ideal zu werten.

Claude Debussys feinsinnige „Deux danses“ für Harfe und Orchester erklang dazwischen und wurde von Volker Kempf, dem Soloharfenisten des Orchesters mit höchsten technischen Standards und hoher Virtuosität musiziert. Es ist erfreulich, dass bei diesen Konzerten überwiegend Musiker aus den eigenen Reihen des Traditionskörpers als Solisten auftreten und so den hohen Standard des Klangkörpers dokumentieren. Von der Dirigentin und dem Orchester wurde dabei für die adäquate und ebenfalls sensible Begleitung gesorgt.

Die informative Moderation des Abends mit Interviews mit der Dirigentin und dem Solisten besorgte einmal mehr Axel Brüggemann.

Dr. Helmut Christian Mayer

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