Maribor/Marburg: Erfolgreiche Uraufführung der Oper "Marpurgi" von Nina Senk

Xl_marpurgi-marburg-10-20-1 © Tiberiu Marta

Die Musik bohrt, schreit, kreischt, bricht eruptiv hervor, erzeugt starke Rhythmen und immer wieder thrillerartige Momente: Dies vornehmlich beim Vorspiel und den Zwischenspielen, dazwischen gibt es als Kontrast viele ruhige Momente, farbige, beschreibende Klangmalereien und ganz einfache Gesangspassagen, vornehmlich beim Chor. Und mit ihrer durchaus mäßig modernen, gut anhörbaren Klangsprache mit durchaus auch komplexeren Strukturen, die auf den soliden Grundlagen der Musiktradition fußen, trifft die 38-jährige slowenische und bereits viel ausgezeichnete Komponistin Nina Šenk in ihrer ersten, der einaktigen Oper „Marpurgi“ immer genau die jeweilige Stimmung der szenischen Handlung.

Diese geht zurück auf den gleichnamigen Roman von Zlata Vokač Medic, woraus Igor Pison ein etwas bemühtes Libretto mit vielen sprachlichen Wiederholungen – was darauf zurückzuführen ist, dass der Roman hauptsächlich aus Tagebucheintragungen besteht und kaum Dialoge enthält - verfasst hat und die jetzt an der Oper Maribor als 70-minütiges Auftragswerk für ihr 100-jähriges Bestandsjubiläum mit großem Erfolg uraufgeführt wurde.

Das Werk ist eine Hommage an die übersehene Geschichte der Stadt Marburg/Maribor an der Drau und spielt im Mittelalter (14. und 15. Jahrhundert) zur Zeit der Inquisition. Im Mittelpunkt steht die jüdische Gemeinschaft, die hier 300 Jahre gelebt hat - rund 20 Prozent der Gesamtbevölkerung waren jüdischer Herkunft. Sie nannten sich Marpurgi und mussten die Stadt auf Grund eines Dekrets von Kaiser Maximilian schließlich verlassen. Die Handlung zeigt aber auch die Freundschaft von Mathias und Hannes. Ersterer ist ein vorerst erfolgloser Sänger, der auf seinen erfolgreichen Konkurrenten Jani eifersüchtig ist, diesen denunziert, sodass dieser in der Folterkammer stirbt. Hannes ist Arzt und verliebt sich in Miriam, die ein jüdisches Mädchen namens Šarika versteckt, weswegen Miriam dann die Stadt verlassen muss. Die Oper endet mit einem optimistischen Chor. Eigentlich ist die Handlung ein Torso und beschreibt nur einen Teil das Romans, ein zweiter Teil soll erst in den nächsten Jahren folgen.

Igor Pison führt auch gleich Regie und stellt einen abstrakten Raum mit bis zu acht verschiebbaren, teils schwebenden Würfeln auf die Bühne (Rok Predin). Auf diese und den Hintergrund werden je nach Stimmung zerfließende, magische Farben oder geometrische Figuren projiziert. Davor wird eher statisch und speziell vom Chor fast oratorienhaft gespielt, wobei die Figuren in den stilisierten mittelalterlichen Kostümen (Branka Pavlič) durchaus glaubhaft geführt werden.

Innig phrasierend mit wunderbar reinem Sopran singt Sabina Cvilak die Miriam. Mit prächtigem, lyrischem und höhensicherem Tenor erlebt man Martin Sušnik als sehr neurotisch gezeichneten Mathias. Bogdan Stopar ist bei seinem Kurzauftritt ein idealer Jani. Jaki Jurgec singt den Hannes hingegen recht mulmig und zu wenig fokussiert. Die kleineren Partien weisen keine Schwachstellen auf. Sehr homogen singt auch der oft beschäftige Chor des Hauses.

Das SNG Sinfonieorchester der Marburger Oper unter der Leitung von Simon Krečič lässt dies alles sehr präzise und ambitioniert erklingen. Man weiß durchaus mitreißend dramatisch aufzutrumpfen, aber auch einfühlsam viele klangliche Details und Farben der Partitur auszukosten.

 Viel Applaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

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