Ljubljana: „Werther“ von Jules Massenet als feinfühliges, tragisches Kammerspiel

Xl_werther-darjastravstisu-laibach-1-24-3 © Darja Stravs Tisu

Johann Wolfgang von Goethe machte ihn in der Literatur unsterblich, Jules Massenet auf der Opernbühne: „Werther“. Jetzt zeigt das Opernhaus Ljubljana/Laibach dieses Musikdrama mit kleinen Einwänden sehr gelungen.

Dafür sorgt einmal das Sängerensemble: Hier ist allerdings an erster Stelle nicht der Titelheld, sondern seine vergeblich angebetete Charlotte zu nennen. Nuška Drašček singt sie mit großem Stimmvolumen, reichen Fassetten ihres Mezzosoprans und recht guter Darstellung. Aljaž Farasin verfügt zwar über keine große Stimme, vermag aber den träumerisch-verzweifelten Werther, der an seiner unglücklichen Liebe zu Charlotte zerbricht und letztlich Selbstmord begeht mit ausgesprochen schönem Tenor mit ungefährdeten Höhen und intensivem, nur manchmal etwas überzeichnetem Spiel zu gestalten. Vor allem die beliebte Arie „Pourqoui me reveiller“ gelingt ihm ganz vortrefflich, wofür er auch viele Bravi bekommt.  Jože Vidic ist ein sehr präsenter, unsympathisch gezeichneter Albert mit kernigem, kraftvollem, teils vibratoreichem Bariton. Nina Dominko spielt die Sophie sehr quirlig und mädchenhaft entzückend und singt sie mit flexiblem, leichtem Sopran. Entzückend sind auch die wunderbar singenden und sehr lebendig spielenden Kinder. Tadellos hört man den hauseigenen Chor und die kleineren Rollen, wie etwa Saša Čano (Amtmann) oder Matej Vouk (Schmidt).

Der erst 33-jährige, belgische Dirigent Ayrton Desimpelaere vermag mit vollem gestischem Einsatz beim Orchester des Laibacher Opernhauses, das manchmal bei den Streichern etwas dünn klingt, das sinnliche Orchesterkolorit der subtilen Partitur auszureizen. Packender Spannungsreichtum wird ebenso erzeugt wie ein Fassettenreichtum bis zu feinsten Pianissimi.

Sehr ästhetisch und suggestiv ausgeleuchtet sind die Bilder mit vielen, in dunklen Farben gehaltenen Büschen und Blumen eines Gartens, und angedeuteten Kulissen eines Hauses (Bühnenbild: Chiara la Ferita). Darin zeigt Luis Ernesto Doñas ein klares, nachvollziehbares Kammerspiel der tragischen Geschichte auf die Gefühle der Protagonisten fokussiert. Werthers Todesszene hätte sich der Regisseur allerdings mehr einfallen lassen und man hätte sie intensiver und viel berührender gestalten können.

Viel Applaus des begeisterten Publikums!

Dr. Helmut Christian Mayer

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading