Krachledernes Sommerfrischemilieu in Benatzkys „Im weißen Rössl“ in Völkermarkt

Xl_wei_es_r_ssl-vk-9-22-1 © Sattler

Da steht doch tatsächlich ein echter Schimmel zur Begrüßung der Gäste ganz ruhig und gelassen beim Eingang, während es gleich darauf im ausverkauften, 800 Plätze fassenden Glashaus der Erlebnisgärtnerei der Familie Sattler in Völkermarkt in Kärnten in Ralph Benatzkys populärem Singspiel „Im weißen Rössl“ sehr turbulent zugeht.

Dafür sorgt Dominik Am Zehnhoff-Zöns, denn er nimmt das Genre Operette ernst aber nicht zu sehr: Vor der Kulisse eines Gasthauses mit schiefen Fenstern und einer reichlich benützten Drehtüre zum Betreten der Innenräume setzt der deutsche Regisseur von Anfang an auf Tempo, reiche Situationskomik sowie detailreiche Ideen und würzt die an sich schon witzigen Dialoge noch mit aktualisierten Gags. Er führt die Protagonisten gekonnt im Heute durch die Lustbarkeiten des krachlederen, älplerischen Sommerfrischemilieus. Nur manches gerät ihm dabei etwas zu überzogen klamaukhaft.

„Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist“, „Es muss was Wunderbares sein…“ oder der Titelsong selbst: Die Schlager sprudeln nur so „Im weißen Rössl“: Für das eher klein besetzte Orchester hat Thomas Modrej gekonnt ein neues, erstaunlich vollklingendes Arrangement geschaffen. Die Camerata Sinfonica Austria unter dem umsichtigen Davorin Mori musiziert die launige, einfallsreiche Musik mit den nur so sprudelnden Schlagern frisch und vital.

Von großer Bühnenpräsenz und als gut singend erweisen sich der herrlich blödelnde Kaj-Louis Lucke als Kellner Leopold sowie Melanie Wurzer als resche Rösslwirtin Josefa. Über die kraftvollste Stimme und einen ausgesprochen schönen Tenor verfügt Christoph Gerhardus als Otto Siedler. Mit viel Witz und als echter Instagram Freak erlebt man Raimund Stangl als „schöner“ Sigismund zuerst mit einer Perücke mit langen Haaren, dann mit Glatze. Die meisten Lacher provoziert Alexander Kuchinka als „Piefke“ Wilhelm Giesecke mit köstlicher Berliner Schnauze und herrlichen Sprüchen. Iva Schell als dessen Tochter Ottilie verfügt nur über einen kleinen, wenig tragfähigen Sopran. Thomas Schreiweis ist ein idealer Professor Hinzelmann, der auch den Kaiser Franz Joseph spielt, Sarah Zippusch als dessen Tochter Klärchen sowie Lukas Joham der auch den Chor gekonnt einstudiert hat und leitet, als widerwilliger Piccolo, machen ihre Sache sehr gut. Ein besonderes Lob gilt dem Völkermarkter Opernchor, der ungemein spielfreudig agiert, erstaunlich gut tanzt (Choreographie: Jessica Wurzer) und homogen sowie stimmkräftig singt.

Zum Schluss gab es stehende Ovationen eines restlos begeisterten Publikums! Alle Folgevorstellungen sind restlos ausverkauft.Ein weiterer großer Erfolg, der seit neun Jahren existierenden „Kultur im Glashaus“, für das die Gebrüder Sattler als Intendanten verantwortlich zeichnen und womit wieder einmal bewiesen ist, was begeisterte Eigeninitiative bewirken kann.

Dr. Helmut Christian Mayer

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