Klagenfurt: Sergei Prokofjews „Romeo und Julia“: Unsterbliche, berührende Liebesgeschichte

Xl_romeo_und_julia-_c_darja_stravs_tisu-klagenfurt-3-24 © Darja Stravs Tisu

Liebevoll umschlingt Romeo den gläsernen Sarg seiner vermeintlich toten Geliebten. Verzweifelt schluckt er Gift, da erwacht Julia, erkennt die Situation, rast zuerst lautlos schreiend konfus hin und her. Dann hält sie den Sterbenden fest, um ebenfalls Gift zu nehmen. Innig umarmend gleitet sie sterbend quer auf ihren toten Geliebten, wobei nochmals leidenschaftlich das Liebesmotiv erklingt: Mit solchen packenden, niemanden kaltlassenden Emotionen lässt Renato Zanella „Romeo und Julia“, das abendfüllende Ballett von Sergei Prokofjew am Klagenfurter Stadttheater als Gastspiel des Balletts der Laibacher Oper enden. In einer von ihm kreierten Fassung, die schon vor zwei Jahren in Ljubljana zu sehen war, stellt er neben dem ewigen Liebespaar die Frauen ins Zentrum: So werden die Rollen von Julias Mutter, die mit Tybalt ein Verhältnis hat, ebenso wie jene von Rosalinda, in die Romeo zu Beginn unglücklich verliebt war, stark aufgewertet. Der ehemalige Ballettchef der Wiener Staatsoper, der auch kurzfristig Intendant der ehemaligen Seebühne in Klagenfurt war, zeigt in einer durchdachten, detail- und ideenreichen Choreographie eine Mixtur von hauptsächlich klassischem Ballett aber auch von intensivem Ausdruckstanz wie auch Modern-Dance.

Die ungemein homogen und geschmeidig agierenden Tänzerinnen und Tänzer zeigen dabei viel Disziplin und hohe technische Brillanz.  Neben exzessiven Sprüngen und schwierigsten Hebefiguren sind auch feinste, behutsame Bewegungen ebenso wie Pantomime zu sehen, sodass die zeitlose Liebesgeschichte aus Verona, wo auch Zanella bezeichnenderweise selbst geboren und aufgewachsen ist, schlüssig erzählt wird. Noch packender gelingt der zweite Teil mit den phänomenal durchchoreographierten Fechtszenen und dem Tod von Mercutio und Tybalt.  Dabei werden durch suggestive Lichtstimmungen und durchsichtige, wehende Vorhänge zusätzlich viele Emotionen und viel Ästhetik erzeugt. Es reichen nur wenige Versatzstücke, wie ein Bett, ein Tisch und eine Treppe, die gewendet als Balkon fungiert (Bühne: Alessandro Camera) und geschmackvolle Kostüme (Alexandra Burgstaller).

Aus dem reichen Ballettensemble der Laibacher Oper, gefallen besonders das unsterbliche Liebespaar Nina Noc als reizende Julia, Kenta Yamamoto als ungemein geschmeidiger Romeo. Marin Ino als quirlige Rosalinda, Lukas Zuschlag als brutaler Tybalt sowie Yuki Seki als eleganter Paris und auch Hugo Mbeng (Mercutio).

Mit wuchtiger motorischer Aggressivität beginnt das tiefe Blech, kraftvoll setzen dann die Streicher ein, um den populären, effektvollen, vielfach von der Werbung missbrauchten „Tanz der Ritter“, zu spielen. Auch das Kärntner Sinfonieorchester unter seinem agilen und stets motivierenden Chefdirigenten Nicholas Milton trägt viel zum Erfolg dieser Produktion bei und weiß auch bei den anderen Teilen von Sergej Prokofjews genial instrumentiertem Ballett seine Vorzüge auszuspielen: So erklingen vom unsterblichen Veroneser Liebespaar etwa ganz zart das Flötenmotiv der jungen Julia, innig aber auch leidenschaftlich das berührende Liebesthema, mit rasanten Rhythmen Tybalts Tod und schneidend schmerzlich die Streicher an Julias Grab. Abgesehen von nur kleineren Unsicherheiten wird alles reich an Nuancen und Farben, voll Klangentladungen und Melodienreichtum mit Glut und Feuer musiziert.

Stehende Ovationen!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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