Humperdinck und Haydn in Graz: Kein Grund zur Traurigkeit

Xl_h_nsel_gretel-graz_styriarte-stream-2-21-1 © Birldschirmfoto-Styriarte

„The Show Must Go On(line)”: Unter diesem Motto bleibt es auch in der zweitgrößten österreichischen Stadt in Graz nicht still. Denn einen Grund zur Traurigkeit sieht man im Haus der Styriarte, dem steirischen Festival, nicht. Es wird nämlich trotz der Pandemie und der von der Bundesregierung immer noch nicht erlaubten Kulturveranstaltungen trotzdem gespielt. Natürlich ohne Publikum und das Ergebnis wird gestreamt und so den klassikhungrigen Zuhörern zugänglich gemacht.

Nebenbei werden auch seitens der Festivalleitung schon eifrig die großen Sommerfestspiele 2021 geplant. Demnächst soll das Programm auch veröffentlicht werden. Soviel derzeit schon bekannt ist, soll auch wieder eine absolute Opernrarität vom steirischen Komponisten Johann Joseph Fux dabei sein.

Jetzt konnte der Musikfreund bei zwei Konzerten virtuell erleben, wie das Recreation-Orchester Graz aufspielte und zwar mit einer eigens zusammengestellten Suite aus der beliebten Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck. Neben dem Vorspiel, dem Hexenritt, dem Knusperwalzer und der Pantomime, erklang auch der „Abendsegen“. Und als ob es das Normalste auf der Welt wäre und scheinbar ganz ohne Lampenfieber, sind sie auf die Bühne des riesigen, leeren Stefaniensaals im Herzen von Graz geklettert. Stephanie Fournier (13) und Marat Maksimov (12), Mitglieder der "Singschul' Graz", einem Kinder- und Jugendchor der Oper Graz, deren besonders begabte Mitglieder auch immer wieder für solistische Aufgaben eingesetzt werden, sangen dann „Abends wenn ich schlafen geh‘“: Völlig unbekümmert hörte man dies mit ihren jungen, unverbrauchten Soprankehlen, so hell, so klar, so feinsinnig und musikalisch, wie auch erstaunlich völlig tonrein. Begleitet wurden sie dabei sehr einfühlsam vom Recreation – Orchester Graz unter Giedrė Šlekytė. Die litauische Dirigentin war von 2016-2018 erste Kapellmeisterin am Stadttheater Klagenfurt und startet jetzt international durch. Der spätromantische, von Wagner beeinflusste Orchestersatz, der mit Elementen der Volksmusik verbunden ist, mit seiner sprechenden Natur- und Waldschilderung wurde durchaus schillernd und klangschön musiziert. Teilweise schlug die Dirigentin jedoch recht unnachgiebige, straffe Tempi an. Trotzdem wurde die meisten delikaten Feinheiten der Partitur der meistgespielten „Kinderoper“ (Text von Adelheid Wette, der Schwester des Komponisten nach dem Grimmschen Märchen), die für viele Kinder das erste musikalische Theatererlebnis ist, ausgekostet.

Aus der Aula der Alten Universität, ein ebenfalls optisch glänzender Rahmen für Konzerte, erklang dann beim nächsten Stream aus derselben Reihe vom Recreation Orchester Graz Joseph Haydn. Eine von den sogenannten Pariser Symphonien, die Nr. 83, jene mit dem Beinamen „La Poule“ („Das Huhn“), wurde unter dem künstlerischen Leiter des Concentus Musicus Wien Stefan Gottfried ungemein frisch, stark akzentuiert und konzentriert musiziert, dass es eine Freude war.

Dr. Helmut Christian Mayer

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