Graz: Brittens „A Midsummer Night’s Dream“ am nächtlichen Autofriedhof

Xl_midsummer_nights_dream-c_werner_kmetitsch-5-25-2 © Werner Kmetitsch

Eines hängt sogar spektakulär hoch oben an einem Kran in der Luft. Die anderen Autos sind ineinander verkeilt und aufgetürmt. Sie werden zum ständigen Herumklettern, Sitzen und Schlafen benützt: Benjamin Brittens selten aufgeführte Oper „A Midsummer Night’s Dream“ spielt am Grazer Opernhaus auf einem Autofriedhof, wo auch immer wieder Geister in allerlei Tiergestalten herumhuschen. Es ist eine schwer nachvollziehbare Bebilderung und ein ziemlich schriller, wenig subtiler Zugriff, die dem Leading Team um Regisseur Bernd Mottl (Bühne: Friedrich Eggert – Kostüme: Alfred Mayerhofer) da eingefallen ist, deren Sinn sich nicht erschließt. Scheinbar soll damit das unheimlich Bedrohliche oder ein Symbol der Entfremdung dargestellt werden. Von einem mystischen Wald außerhalb von Athen oder sonst von der Natur gibt es keine Spur. Außer einem riesigen Vollmond im Hintergrund fehlt dem Stück jegliche geheimnisvolle Poesie und lässt keinerlei sinnlich-übersinnlichen Stimmungen aufkommen. Mottl führt die Personen in ständiger, teils hektischer Bewegung, unter Auslebung ihrer Treibhaftigkeit. In den dunklen Lichtstimmungen einer lauen Sommernacht sollten eigentlich die dreierlei Welten aufeinander stoßen, jene der Elfen, die der jungen Liebenden und die der biederen Handwerksleute.

Sehr gelungen hingegen ist wieder einmal die musikalische Realisierung: Da sind die Liebespaare, die Puck (Fausto Israel in dieser Sprechrolle als Drag-Queen teils herumschwebend im hautengem Glitzeranzug und High Heels) durch die falsche Anwendung des Zaubertrankes gehörig durcheinanderwirbelt, mit einem virilen Nikita Ivasechko (Demetrius), einer stimmschönen Sofia Vinnik (Hermia), einem höhensicheren Ted Black (Lysander) und einer wunderbaren Sieglinde Feldhofer (Helena) ideal besetzt. Der Elfenkönig Oberon, hier eine Art Zwitterwesen mit seltsamen Bewegungen, wird vom Countertenor Rafal Tomkiewicz gut gesungen, Ekaterina Solunya ist seine wunderbare Titania, Daeho Kim ist ein sehr aggressiver Theseus, der immer wieder seine fein singende Hippolyta (Mareike Jankowski) verprügelt. Wunderbar agieren und singen die buntgewandeten, blutjungen Choristen aus der Singschul der Oper Graz. Bei den Handwerkern, die recht komisch überzogen ihr Schauspiel präsentieren, stechen vor allem der viel singende Ivan Oreščanin (Bottom), Will Frost (Peter Quinze), Wilfried Zelinka (Snug) und Martin Fournier als köstlicher Flute (der Thisbe köstlich witzig darstellt) hervor.

Geheimnisvolle, zauberhafte Klänge steigen aus dem Graben empor. Besonders die somnambule Traumwelt erlauscht man abgesehen von einigen Präzisionsmängeln bei den Grazer Philharmonikern unter dem jungen Dirigenten Johannes Braun fein entrückt, mit durchsponnenen Klanggeweben, zarthell sowie stets farbenreich und durchsichtig bei der Elfenwelt. Mit teils glühender Liebesmusik erklingen die Szenen der Athener. Bei den Handwerkern wird der Sound so wie gewünscht zur derben Parodie. 

Dem Publikum hat es gefallen. Es gab viele Bravi und keinerlei hörbaren Widerspruch für die Inszenierung!

Dr. Helmut Christian Mayer


 

 

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