Grafenegg Festival: Herbert Blomstedt und die Wiener Philharmoniker faszinierten mit feinsinnigen Klängen

Xl_blomstedt-grafenegg-9-21 © Helmut Christian Mayer

Zum Schluss gab es wieder stehende Ovationen! Genauso wie bei den Salzburger Festspielen, wo er erst letztes Wochenende dirigiert hatte, wurde er jetzt beim Grafenegg Festival in Niederösterreich im Wolkenturm, einer eigens konstruierten Open-Air Örtlichkeiten in der riesigen, wunderbaren Parkanlage, wieder am Pult der Wiener Philharmoniker vom Publikum gefeiert: Herbert Blomstedt, der völlig uneitle schwedisch-amerikanische Maestro, der mit seinen 94 Jahren noch phänomenal vital wirkt, freistehend sowie auswendig dirigiert und alle Werke buchstäblich im kleinen Finger hat. Und das bei Werken, die auch durchaus eine große körperliche Kondition erfordern.

Zuerst erlebte man gleich ein beliebtes Gustostückerl Franz Schuberts„Unvollendete“ Symphonie: Große Vitalität, viele Farbmischungen und große Hintergründigkeit waren hörbar.  Und es wurde auch der Gegensatz zwischen dem düsteren ersten und dem fröhlichen und forschen zweiten Satz wie auch der raunend-geheimnisvolle Erzählton Schuberts ideal herausgearbeitet.

Kondition braucht man ganz besonders bei Anton Bruckners populärer 4. Symphonie. Den vom Komponisten stammenden Beinamen „Romantische“ nahmen Dirigent und Musiker wörtlich und zelebrierte den monumentalen, komplexen Musikkosmos wunderbar ausgewogen: Mit seidigen-warmen Streichen, feinem Holz, sicherem, strahlenden Blech und tollen Solisten aus den eigenen Reigen (der Solohornist sei besonders hervorgehoben). Es kam zu einer enormen Mobilisierung von großer Klangsinnlichkeit und reichen Nuancen- und Farbpaletten. Prachtvolle Kraftentfaltung mit extrem eruptiv herausgearbeiteten Steigerungen waren in einer durchgängig spannungsgeladenen Interpretation zu erleben. In dem berühmten, aus den Naturtönen gebildeten Hornruf, im trauermarschartigen zweiten Satz, im populären „Jagdscherzo“ mit seinem Triolengeschmetter und im hymnisch strahlenden Ausgang.

Großer Jubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

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