Festival Retz: Gelungene Uraufführung der Kirchenoper "Maria Magdalena" von Wolfram Wagner

Xl_maria_magdalena-retz-7-19-1 © Claudia Prieler

Nebelumhüllt, im gleißenden Gegenlicht steht sie wie eine Lichtgestalt da, während sich untermalt von einem Klangteppich ein wunderbarer, harmonischer, aus allen Teilen des Gotteshauses kommender Choral immer mehr steigernd in ein strahlendes Finale mündet: So faszinierend endet beim Festival Retz „Maria Magdalena“, die diesjährige Kirchenoper, die bereits fixer Bestandteil dieser Festspiele ganz im Norden von Niederösterreich, nahe der tschechischen Grenze ist. Die Musik stammt von Wolfram Wagner, nach vier abendfüllenden Opern und zwei Kurzopern, seine siebente Oper, ein Kompositionsauftrag des Landes Niederösterreich. Die Musik des 57-jährigen, vielfach preisausgezeichneten Wiener Komponisten ist mäßig modern, geprägt von überwiegender Tonalität, bestimmt von Direktheit und Unmittelbarkeit und von einem erzählenden Duktus durchzogen. Die wenigen, bewegenden Motive, die sich immer wieder zu einem feingesponnenen symphonischen Klang verweben, aber auch die aufwühlenden, rhythmisch vorwärtstreibenden, viel Spannung erzeugenden Passagen werden vom nur 16-köpfigen Ensemble Festival Retz unter dem präzise agierenden Andreas Schüller erstaunlich symphonisch verdichtet und wunderbar musiziert. Gleichberechtigt steht dazu der Chor, das 14-köpfige homogene TERPSICHORE Vokalensemble und der Jugendchor der Volksoper Wien (Einstudierung und Leitung: Lucio Golino), deren Mitglieder auch immer wieder solistisch hervortreten.

Exzellent sind auch die überwiegend wortdeutlich singenden, in einfaches Leinen gehüllten Protagonisten: Allen voran Ursula Langmayr als glasklare Titelheldin ohne den geringsten Höhenproblemen. Monika Schwabegger (Maria von Nazareth, Mutter Jesu) hört man mit feinen und vielen leidvollen Tönen. Sie ist es auch, die nach dem Tod Jesu einen durchdringenden Schrei ausstoßen muss. Megan Kahts ist als Martha von Betanien dazu gezwungen stets hysterisch zu agieren. Sie tut dies aber öfters mit allzu überzogenem, stimmlichem Überdruck. Mit edlem und ausgesprochen schönen Bariton und extrem verständlich kann man Matthias Helm als Josef von Arimathäa hören, mit höhensicherem Tenor Michael Nowak als nunmehr sehr unsicherer und schwankender Petrus. Schließlich erlebt man auch den jungen, großartigen Countertenor Alois Mühlbacher als Apostel Johannes.

Monika Steiner, die das schlüssige und durchaus spannende Libretto verfasst hat, führt auch gleich Regie und zeigt die biblische Geschichte um Passion und Auferstehung aus Sicht der nicht unumstrittenen Maria Magdalena. Die letztlich doch hochangesehene und verehrte Figur der Bibel, mit Stichwörtern wie Erbin des Lichtreichs, Erleuchterin oder Lichtreine bezeichnet, wird als hochaktuelle Auseinandersetzung mit der Frauenrolle in der Kirche und Gesellschaft geführt. Dazu wird der gesamte Raum der Stadtpfarrkirche von St. Stephan, wie Orgelempore, Zuschauerraum, Altar und Kanzel in das dramatische Geschehen miteinbezogen und packend dargestellt. Es reichen einfachste Mittel wie drehbare Bilder mit biblischen Motiven, ein rotes Kreuz und zwei Tische aus.

Riesenjubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

 

 

 

 

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