Ein tiefsinniges Passionsoratorium von Händel im Dom zu Klagenfurt

Xl_h_ndel-brockes-gillenhammar-horak-_passion-klagenfurt-4-22 © Stefan Schweiger

Die Dichtung „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“ von Barthold Heinrich Brockes, des späteren Hamburger Ratsherrn gehört zu den einflussreichsten und bekanntesten Passionslibretti des frühen 18. Jahrhunderts. Und es wurde vielfach vertont, unter anderem von Georg Philipp Telemann 1716 und zwei Jahre später vom Hamburger Domkantor Johann Mattheson. 1719 folgte dann Georg Friedrich Händel und es sollte sein einziges deutschsprachiges Oratorium werden.  Jetzt erfolgte im Dom zu Klagenfurt eine Realisierung der selten aufgeführten, nach dem Textdichter benannten sogenannten „Brockes-Passion“.

„Brich, mein Herz, zerfließ in Tränen“: Es ist nur eine der vielen Arien der „Tochter Zion“, eine vom Dichter zusätzlich eingeführte Figur, die hier lyrisch expressiv ihre Trauer, ihr Leiden und ihre Verzweiflung zum Ausdruck bringt. Die in Händels Werk vielbeschäftigte Cornelia Horak sang sie mit glasklarem, höhensicherem Sopran, wunderbarer Phrasierung und Innigkeit. Gut aber mit kleinen Einschränkungen erwiesen sich die weiteren Gesangssolisten: Gernot Heinrich war ein schönstimmiger Evangelist, Jonathan de la Paz Zaens ein profunder Jesus. Karin Gyllenhammar (Maria und Gläubige Seele) sang mit vibratofreiem, reinem Sopran. Gregor Einspieler-Springer gefiel mit schönem Bass (Pilatus/Kaiaphas). Solide hörte man den Tenor Johannes Chum (Petrus) und den Countertenor Nicholas Spanos (Judas). Homogen und klangschön hörte man den A-cappella-Chor Villach, deren Leitung Rita Hartmann oblag. Stilsicher und nuancenreich agierte das Collegium Carinthia mit dem Konzertmeister Fritz Kircher auf historischen Instrumenten unter dem energiegeladenen Dirigenten Klaus Kuchling, der, abgesehen von einigen wenigen verwackelten Einsätzen, auch die teils scharfe Rhythmisierung und Dramatik ideal herausarbeitete. Höchste Konzentration und Ausdauer von allen Mitwirkenden und den Zuhörern war verlangt, weil man das dreistündige Werk ohne Pause und ohne Striche durchspielte.

Zum Schluss sparte das Publikum nicht mit Applaus und stehenden Ovationen!

Dr. Helmut Christian Mayer

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