Ein rekordverdächtiger Konzertmarathon in Budapest mit Musik von Liszt und Berlioz

Xl_fischer_ivan-budapest-2-21 © Müpa

„Müpa“ Budapest ist eine der bekanntesten Kulturmarken in Ungarn und eine der modernsten Kulturinstitutionen, die die verschiedenen Kunstzweige auf einzigartige Weise zusammenbringt: da gibt es Raum für Klassik, Jazz und Weltmusik, Oper, Zirkus, Tanz, Literatur und Film.

„Müpa“ wurde 2005 gegründet, um einem breiten Publikum der oben genannten Genres hochwertige kulturelle Veranstaltungen zu bieten. Grundlegende Aufgaben sind die Pflege der ungarischen und europäischen künstlerischen Traditionen, aber auch neue Richtungen und neue Werke immer auf hohem Niveau zu präsentieren.

Der moderne, stilvolle Komplex, dessen Fertigstellung über 28 Monate in Anspruch nahm, liegt an der Donau mit drei Haupteinheiten, dem Ludwig-Museum, die Konzerthalle Béla Bartók und dem Festspielhaus. Das Gebäude beherbergt auch die Probenräume für die Ungarische National Philharmonie

Jetzt startete „Müpa“ eine rekordverdächtigte Aktion: Einen Liszt-Berlioz Marathon, bei dem zwölf Stunden lang in elf Konzerten der unterschiedlichsten Art Werke der beiden Komponisten im Live Stream gezeigt wurden.

Punkt zehn Uhr wurde losgelegt mit einem Solorecital für Klavier und Musik von Franz Liszt, der ja bekanntlich dieses Instrument bei seinen Kompositionen oft in den Mittelpunkt stellte und selbst ein phänomenaler Pianist war. Als solcher erwies sich auch Gergely Bogányi, ein vielfach preisausgezeichneter ungarischer Pianist, der sich, unzufrieden mit dem Klang der traditionellen Klaviere, einen eigenen, recht futuristisch aussehenden Bogányi-Flügel konstruieren ließ und auf diesem auch spielte: Höchst furios, mit höchster, perfekter Technik aber auch reich an Farben. All dies vernahm man bei “Les cloches de Genève” und “Vallée d'Obermann”, zwei herausragende Stücke aus dem riesigen Zyklus „Années de pèlerinage“, wie auch bei vier Stücken von Liszt's höchst herausfordernder Klavier Serie den „Transcendental Etudes“.

Es folgten dann meist im Stundentakt die unterschiedlichsten Konzerte, wie etwa eine Erzählstunde für Kinder unter dem Titel „Waldesrauschen“ gestaltet von György Lakatos, selbst ein angesehener Fagottist. Er entführte seine kleinen Zuhörer in einen romantischen, geheimnisvollen Wald, wo zwischen den rauschenden Bäumen ein Bach, ein See und vieles mehr zu entdecken war. Musikalisch wurde diese Matinee mit passender Musik von Franz Liszt (u.a. eben der titelgebende Konzertetüde „Waldrauschen“) und dem „Ständchen“ von Franz Schubert untermalt. Mit hohen und reifen Standards wurden die Stücke von fünf hochbegabten Studenten von der Béla Bartók Hochschule von Budapest gespielt.

Nach einem Jazztrio und dem MÁV Symphonie Orchester mit dem ersten Klavierkonzert von Liszt, das der junge, aufstrebende ungarische Pianist Zoltán Fejérvári mit Bravour zum Besten gab und weiteren pianistischen Talenten folgte dann die Symphonie fantastique von Hector Berlioz. Es spielte das Philharmonische Orchester Györ. Richtig zünden konnte das geniale Werk, das für die damalige Zeit unglaublich neu und der Zeit weit voraus war, jedoch deshalb nicht, weil vom Chefdirigenten des Orchester Kálmán Berkes zu wenig animierende Impulse ausgingen. Wiewohl sehr exakt musiziert wurde, fehlte es leider insgesamt an Spannkraft. Vieles wirkte, wie etwa beim „Hexensabbat“, zu wenig flirrend exzessiv hingegen viel zu gemächlich und behäbig. Es gefielen aber die zahlreichen, solistischen Einlagen in allen Instrumentengruppen.

Ganz anders erlebte man dann anschließend das Pannon Philharmonic Orchester unter dem dynamischen András Vass mit „Herold en Italie“ von Hector Berlioz. Máté Szücs brachte seine Viola als Solist regelrecht zum Singen und faszinierte mit ungemein weichen und schönen Tönen aber auch mit hochstehender Virtuosität.

Wunderbar tonrein und homogen hörte man dann den Saint Ephraim Männerchor:  Das achtköpfige Ensemble war phänomenal aufeinander eingespielt und wurde abwechselnd von den ebenfalls mitsingenden Tamás Bubnó und Lőrinc Bubnó geleitet. Unterstützt von László Fassang auf der Orgel erklangen strahlende aber auch verinnerlichte geistliche Chorgesänge bis ins tiefste Bassregister von Franz Liszt u.a. die Missa quattuor vocum ad aequales.

Und das Beste kam zum Schluss: Das Budapester Festival Orchester unter seinem Gründer und langjährigem und stets animierenden und energischen Chefdirigenten Iván Fischer. Zuerst erklang die Legende Nr. 2 („Der hl. Franziskus auf den Wogen schreitend“) und der Totentanz, eine Paraphrase über „Dies irae“, ein Variationszyklus für Soloklavier und Orchester, der ein Thema des Gregorianischen Chorals mit dem Thema des Totentanzes verbindet. Dabei glänzte Nicolas Namoradze als Solist am Flügel. Und schließlich erfreute einen die beliebte Ungarische Rhapsodie Nr.2. All dies erklang mit großen dynamischen, rhythmischen und klangfarblichen Kontrasten sowie ausbalancierter Ausgewogenheit und wurde auch fulminant und mitreißend interpretiert.

Ein würdiger Abschluss des Marathons!

Dr. Helmut Christian Mayer

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading