Dvoráks „Rusalka“ in London: Naturalistische, aber auch märchenhafte Bilder

Xl_rusalka-london-camilla_greenwell-3-23-4 © Camilla Greenwell

Zwei Nixen scheinen schwebend in einem Teich zu schwimmen, dessen kreisrunde Öffnung man von unten sieht. Überall hängen Schlingpflanzen dicht herunter. Große Steine, ein abgestorbener Baumstamm liegen auf der Bühne, Nebel steigen auf: So wunderbar naturalistisch aber auch mit entsprechenden Lichtstimmungen märchenhaft ist Antonín Dvoráks „Rusalka“ am Royal Opera House in London im ersten Akt zu sehen (Bühne: Cloe Lamford). Rusalka ist in ein blaues, glitzerndes Schleiergewand gekleidet, ebenso wie der Wassermann. Auch sonst sind die Kostüme (Annemarie Woods) sehr ästhetisch. Hier ist die Natur noch heil. Aber im letzten Akt wirkt sie ziemlich ramponiert und fast zerstört. Es gibt kein Grün und keinerlei Pflanzen mehr. Neben diesem aktuellen Hinweis auf die fortschreitende Zerstörung der Natur bleiben die Regisseurinnen Ann Yee und Natalie Abrahami ziemlich hart am Libretto und zeigen die romantische Geschichte der tragischen Liebe einer naiven Wassernixe zu einem Menschen und ihren glücklosen Ausflug in dessen Welt klar und berührend.

Dazu tragen auch die Protagonisten viel bei. Mit ganzem Herzen muss Dvorák an seiner Hauptfigur Rusalka gehangen haben, denn die Melodien, die er ihr in den Mund legt, sind von ergreifender Schönheit. Und genau solche Töne gepaart mit tiefen Gefühlen und vielen Schattierungen verströmt Asmik Grigorian. Sie spielt und singt die Nixe intensiv, mit allen Höhen, reich an Fassetten und mit einem menschlichen Gefühl von ständiger Sehnsucht. Vor allem die berühmte „Arie an den Mond“ wird, mit großer Subtilität gesungen, zum Ereignis. David Butt Philip, erst kürzlich als Stolzing in den neuen „Meistersingern“ von Richard Wagner an der Wiener Staatsoper zu erleben, ist ihr geliebter Prinz. Er verfügt über einen höhensicheren Tenor. Sarah Connolly ist darstellerisch eine dominante Hexe Jezibaba, der es nur manchmal etwas an Substanz mangelt. Hingegen singt Emma Bell die Fremde Fürstin sehr stimmgewaltig. Mit edlem, weichem Bass hört man Rafal Siwek als Wassermann. Auch die kleineren Rollen lassen keine Wünsche offen. Der Chor des Royal Opera House singt homogen und klangschön.

Die immer sängerfreundliche Interpretation des Orchesters des Royal Opera House unter Semyon Bychkov vermag Farbenreichtum, feine Poesie, Raffinement und enormen Feinschliff zu verströmen. Es entsteht eine dichte Atmosphäre, viel Transparenz und eine immer ideale Balance im Graben und zur Bühne.

Das Publikum jubelte!

Dr. Helmut Christian Mayer

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