Beethovens "Neunte" in Salzburg: Freudige, jubelnde Töne

Xl_wiener-philharmoniker-muti-2020-8-20-1 © Marco Borelli

Er ist wahrlich schon erstaunlich, was die Salzburger Festspiele trotz der Corona-Pandemie und trotz der doch starken Reduktion des Jubiläumsprogramms auf die Beine gestellt haben und was man als Musikfan an einem einzigen Tag in der Stadt an der Salzach erleben kann.  Natürlich alles unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen wie Maskenpflicht bis zum Sitz und retour, personalisierte Karten und Ausweispflicht, was zu längeren Schlangen im Eingangsbereich führt. Und so nahm das Festival speziell am letzten Wochenende mit zahlreichen Aufführungen, wie Opern und vor allem Konzerten, fast wie zur Normalzeit ordentlich Fahrt auf. So durfte Riccardo Muti gleich dreimal die Wiener Philharmoniker im Großen Festspielhaus dirigieren und zwar Ludwig van Beethovens 9. Symphonie:

Wie aus einem Naturklang, aus dem Nichts heraus entstand die leere Quint, die sich erst allmählich mit Leben und Inhalt füllte. Schon von den ersten Takten an wussten das österreichische Paradeorchester unter dem italienischen Starmaestro bei der letzten Symphonie (Uraufführung 1824 in Wien) im Jubiläumsjahr des Komponisten - Giganten knisternde Spannung zu erzeugen.

Die Hauptidee des Kopfsatzes, der auf den Kontrast von Licht und Dunkel ausgerichtet ist, wurde auch ideal und akzentuiert herausgearbeitet. Beim groß angelegten Scherzo wurde der Gegensatz von zerbrechlicher Schönheit und derb einbrechender Rücksichtslosigkeit ungemein plastisch, teils sogar kantig dargestellt. Das Adagio molto cantabile gehört zum Tiefgründigsten, das Beethoven je komponiert hat, dieser langsame Satz wurde mit großer Innigkeit und weiter Tiefe zelebriert. Wie überhaupt Farbenreichtum in allen Instrumentengruppen einzigartig waren und Muti die Dynamik und alle Nuancen suggestiv mit Blick auf viele Details ausreizte. Er wählte insgesamt eine organische, tempomäßig ausgewogene recht romantisierende Interpretation

„Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium…“: Die berühmte Schiller‘sche Ode selbst, die ja bekanntlich zur Europahymne wurde, erklang bei der blendend Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor (Einstudierung: Ernst Raffelsberger) mit großer Vitalität, Homogenität und Klangschönheit. Das exquisite Solistenquartett mit Asmik Grigorian (Sopran), Marianne Crebassa (Alt), Saimir Pirgu (Tenor) - kurzfristig eingesprungen für den erkrankten Daniel Johansson - und Gerald Finley (Bass) ließ auch keine Wünsche offen.

Zum Schluss gab es riesigen Jubel und letztlich stehende Ovationen!

Dr. Helmut Christian Mayer

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