Bad Ischl: Verulkte Reise in Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ bei den Lehár Festspielen

Xl_orpheus-fotohofer-bad_ischl-7-25-1 © Fotohofer

Schon bei der Begrüßung des Publikums vor Beginn der Aufführung wird der Intendant Thomas Enzinger von einem jungen, frechen Girlie in grellpinken Jeans und mit langen Fingernägeln unterbrochen. Sie trägt ständig ihr pinkes Handy am Selfie-Stick, filmt alle Geschehnisse und streamt sie auf Instagram. Eva Schöler ist eine heutige Influencerin, im Stück die öffentliche Meinung und später ist man überrascht, denn sie kann auch mit ihrem schönen Mezzosopran singen: Einen gewaltigen Modernisierungsschub hat der selbst inszenierende Intendant Thomas Enzinger Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“, eine der großen Produktionen beim diesjährigen Lehár-Festivalin Bad Ischl im Kongress & TheaterHaus verpasst. Was ja durchaus legitim ist, denn auch Offenbach und seine Librettisten karikierten seinerzeit immer aktuelle Vorgänge der damaligen Zeit. Nur manchmal wird übertrieben und auch der Witz in den bunten, gemalten Kulissen (Stefan Weil) und den überzogenen historisierten Kostümen (Sven Bindseil) wird zu sehr verulkt. So sitzen die Götter im Olymp völlig gelangweilt in der Sauna. Jupiter versucht das Image mit einem Jupi-Mobil mit eigenen Merchandise Artikeln und den Sprüchen „Make Olymp great again“ aufzupolieren. Auch eine gegen ihn abgehaltene Demonstration mit Sprüchen „Wir hassen Ambrosia“ findet statt. In der für Bad Ischl eigens erstellten Mischfassung (Spielfassung von Jenny W. Gregor und Thomas Enzinger) gibt es auch jede Menge neue, aktualisierte teils bemüht wirkende Dialoge, die beim Publikum jedoch viele Lacher provozieren.

Mit ansteckender Spielfreude agiert das Ensemble auch rund um den Orchestergraben, aus dem das Brüderpaar Jupiter und Pluto besonders hervorsticht. Martin Achrainer ist ein stimmlich und szenisch sehr präsenter Chefgott, der jedoch ständig von seiner Gattin Juno (mit kleiner Stimme: Eva Schneidereit) gemaßregelt wird. Jupiter kann aber auch als verkleidete Fliege, mit der er Eurydike verführen will, mit viel Komik reüssieren. Peter Bording ist ein dämonischer und kraftvoller Gott der Unterwelt. Robert Bartneck singt den Titelhelden solide, Eurydike wird von Jeanette Wernecke koloraturenrein gesungen und mit großer Komödiantik gespielt.Lukas Karzel als Merkur muss zu seinem guten Gesang auch einen Rap hinlegen. Philip Guirola Paganini ist ein quirliger Cupido. Ohne Tadel und spielfreudig wieder der Chor des Lehár Festivals Bad Ischl.

Unterfüttert wird alles von der quirligen Choreographie (Lukas Ruziczka) des sehr präsenten sechsköpfigen, mitreißend tanzenden Balletts, insbesondere beim berühmten Can-Can, bei dem zum Finale nochmals alle mittanzen.

Mit Spritzigkeit und Delikatesseist wieder das Franz Lehár Orchester unter Laszlo Gyüker zu vernehmen.

Großer Jubel im Publikum, das sich bestens amüsiert!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading